Mailand (Reuters) - Im Streit mit dem Verwaltungsrat über die künftige Strategie der UniCredit hat Bankchef Jean Pierre Mustier seinen Rücktritt angekündigt.

Spätestens im April werde der 59-Jährige das Geldhaus verlassen, kündigte die Mutter der deutschen Hypovereinsbank (HVB) am Montagabend an. Damit ist nach Meinung von Experten der Weg frei für Fusionen und Übernahmen, gegen die sich der Ex-Investmentbanker zuletzt vehement gewehrt hat. Auch Spekulationen über ein Interesse an der Commerzbank kochten wieder hoch. Die Aktien von UniCredit brachen an der Börse in Mailand um mehr als sechs Prozent ein. Commerzbank-Titel legten in Frankfurt um 3,5 Prozent zu.

"In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass die Strategie von 'Team 23' und ihre Eckpfeiler nicht mehr dem aktuellen Denken des Verwaltungsrats entsprechen", erklärte Mustier in einem Statement. Über seinen Rückzug wurde bereits seit ein paar Wochen spekuliert. Mit dem Strategieplan 'Team 23' wollte der Franzose die Bank, die jahrelang unter einem Berg an faulen Krediten ächzte, wieder auf Kurs bringen und Investoren mit Versprechen zu Aktienrückkäufen anlocken. Bis 2023 soll der Nettogewinn der Bank auf fünf Milliarden Euro steigen, tausende Jobs sollen gestrichen und Filialen geschlossen werden. Für dieses Jahr strebt UniCredit einen Gewinn von knapp einer Milliarde Euro an.

Fusionen schloss Mustier zuletzt immer wieder kategorisch aus - im Gegensatz zu anderen europäischen Bankbossen wie Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing oder UBS-Chef Sergio Ermotti. UniCredit wolle sich auf den eigenen Umbau konzentrieren und überschüssiges Geld an Anleger zurückgeben. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Spekulationen gegeben, die Italiener seien an der Commerzbank interessiert.

Kern des Konflikts mit dem Verwaltungsrat sei eine mögliche Übernahme der verstaatlichte Krisenbank Monte dei Paschi di Siena und der Plan, das Italien-Geschäft und das Auslandsgeschäft der UniCredit zu trennen, sagten Insider zu Reuters. Mustier habe sich gegen eine Übernahme von Monte Paschi gewehrt, doch die Regierung in Rom dränge darauf. Die älteste Bank der Welt ächzt unter einem Berg von faulen Krediten und teuren Rechtsstreitigkeiten und muss nach den Vorgaben der Europäischen Union (EU) wieder privatisiert werden.

Analysten der US-Banken JP Morgan und Jefferis gehen davon aus, dass ein Wechsel an der UniCredit-Spitze den Weg frei macht für Fusionen. Diese Strategie dürfte von dem designierten Verwaltungsratschef Pier Carlo Padoan unterstützt werden. Padoan war zum Zeitpunkt der Monte-Paschi-Verstaatlichung italienischer Wirtschaftsminister.

SPEKULATIONEN ÜBER NACHFOLGER

Die Pläne für eine Abspaltung des Auslandsgeschäfts hatte Mustier vor kurzem auf Eis gelegt. Das Vorhaben brachte ihm in der italienischen Politik nicht nur Freunde. Seit seinem Amtsantritt 2016 strich Mustier mehr als 20.000 Jobs, baute einen milliardenschweren Berg an faulen Krediten ab und trennte sich von ganzen Sparten. Finanziert hat er das unter anderem mit einer Kapitalerhöhung. Der Plan, nach dem Umbau Kapital an die Aktionäre zurückzugeben, wurde durch die Corona-Krise und das Dividendenverbot der europäischen Bankenwächter durchkreuzt.

Die Personalagentur Spencer Stuart soll nun einen Nachfolger für Mustier finden. In italienischen Medien zirkulierten bereits mehrere Namen, darunter Mediobanca-Chef Alberto Nagel, der frühere Vorstandschef von Monte Paschi, Marco Morelli, sowie die UniCredit-Manager Diego De Giorgi, Carlo Vivaldi und Francesco Giordano.

Bei vielen anderen europäischen Großbanken gab es in den vergangenen Monaten Wechsel im Top-Management, neue Chefs gibt es bei Credit Suisse, UBS, ING, Commerzbank und Lloyds.