Die jüngsten Ergebnisse bieten wenig Anlass zur Freude. Selbst nach Bereinigung um sogenannte außerordentliche Aufwendungen, die bei Bayer fast schon zur Regel geworden sind, zeigt der bereinigte Betriebsgewinn einen Rückgang von 10,5% im Vergleich zum Vorjahr.
Auch in den ersten neun Monaten des Jahres mussten alle drei Geschäftsbereiche – Pharma, Consumer Health und Agrarwissenschaften – spürbare Umsatzrückgänge hinnehmen. Angesichts der lang anhaltenden Krise hätte man hoffen können, dass radikalere und vor allem wirksamere Maßnahmen ergriffen werden.
Zwar ist der Verlust von 4,5 Milliarden Euro, der Schlagzeilen macht, nur „buchhalterischer“ Natur, da er hauptsächlich auf eine erneute Abschreibung von Vermögenswerten in Höhe von 3,7 Milliarden Euro zurückzuführen ist und die Cashflows – wenn auch zaghaft – positiv sind. Dennoch wird mehr benötigt, um die Aktionäre angesichts einer Nettoverschuldung von 36 Milliarden Euro zu beruhigen, deren Refinanzierung zunehmend gefährdet erscheint.
Schon früher in diesem Jahr warnten wir, dass der Konzern und sein neuer CEO Bill Anderson noch lange nicht über den Berg sind. Um wieder eine komfortable Solvenz zu erreichen – und, wagen wir zu träumen, um die Wiederaufnahme der Dividendenzahlung in Betracht zu ziehen – muss Bayer unbedingt eine Reihe von Blockbustern aus seiner Pharmadivision hervorbringen.
Doch diese lassen auf sich warten, was erklärt, warum Anderson so vehement dem Druck der Aktionäre widersteht, die den Konzern lieber aufspalten würden. Wie die Gewerkschaften von Bayer weiß der Texaner, dass er die Ressourcen aus seinen Agrar- und Consumer-Health-Divisionen benötigt, um die kostspielige Forschung und Entwicklung in der Pharmadivision zu finanzieren.
Bei einem Verkauf von Vermögenswerten – in Wirklichkeit ist nur die Consumer-Health-Division veräußerbar, da Monsanto noch nicht aus dem Gröbsten heraus ist – würden die Aktionäre wahrscheinlich darauf bestehen, die Schulden vorrangig zu tilgen. Eine solche Maßnahme würde das Worst-Case-Szenario abwenden, aber die Pharmadivision, die mehr denn je der Erneuerung bedarf und daher ressourcenintensiv ist, nicht begünstigen.
Die Übernahme von Monsanto wird wohl als einer der größten strategischen Fehler der modernen Wirtschaftsgeschichte in Erinnerung bleiben. Dabei war dessen Scheitern keineswegs vorherbestimmt. Zur Zeit der Übernahme lobten Beobachter Bayer als eines der ersten deutschen Konglomerate, das die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Restrukturierung erkannte und sich von seiner zyklischen und wenig rentablen Chemiesparte trennte, um im Bereich der Agrarwissenschaften durchzustarten.
Sechs Jahre später hat sich Covestro recht gut geschlagen – siehe Covestro AG: Arbitrage-Chance? –, während die Ehe zwischen seiner ehemaligen Muttergesellschaft und Monsanto zu einem endlosen Albtraum wurde.