LEVERKUSEN (awp international) - Dämpfer für den erfolgsverwöhnten Bayer -Konzern vor der Rekordübernahme von Mosanto: Der Pharma- und Chemieriese muss seine Jahresziele zusammenstreichen. Der Schritt kommt überraschend - hatten die Leverkusener ihre Prognosen dank guter Geschäfte bei der Kunststofftochter Covestro doch erst Ende April erhöht. Eine schwache Entwicklung bei verschreibungsfreien Markenmedikamenten und hohe Warenbestände im Bereich Pflanzenschutz in Brasilien fahren dem Konzern nun in die Parade. Praktisch zeitgleich kündigte Bayer an, man habe bei der EU-Wettbewerbsbehörde den Antrag auf die Genehmigung der Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto gestellt.

Für die Sparten Crop Science und Consumer Health würden die Jahresprognosen für Umsatz und Ergebnis angepasst, teilte der Konzern am Freitag mit. Zudem gebe es Druck auf der Währungsseite. Wegen dieser Faktoren würden die Konzernprognosen überarbeitet. Der neue Ausblick für das Jahr 2017 werde mit den Zahlen zum zweiten Quartal bekanntgegeben. Deren Vorlage ist für den 27. Juli geplant.

VOLLE REGALE IN BRASILIEN - AKTIE FÄLLT

Bei Crop Science ergeben sich nach Abschluss der Erntesaison in Brasilien im dortigen Markt unerwartet hohe Warenbestände, wie es hiess. Dies werde das Sparten-Ergebnis (Ebitda vor Sondereinflüssen) im Gesamtjahr 2017 einmalig mit 300 bis 400 Millionen Euro belasten. Im zweiten Quartal werde dies verbucht. Bisher hatte Bayer für die Sparte ein Ebitda auf Vorjahresniveau erwartet. Analysten zufolge hatte der Konzern volle Regale für Pflanzenschutz in der jüngeren Vergangenheit bereits angedeutet, doch nach Meinung von Goldman Sachs scheinen die Bestände deutlich höher zu sein als ursprünglich erwartet.

Die Papiere der Leverkusener rutschten zeitweise um über 5,5 Prozent ab. Zuletzt konnten sie sich wieder etwas erholen und lagen noch mit knapp 4 Prozent hinten. Mit Blick auf die avisierte Brasilien-Belastung für das operative Ergebnis halten einige Börsianer die Kursreaktion für übertrieben. Analyst Tim Race von der Deutschen Bank wertet die Nachricht von Bayer denn auch negativ, doch dürfte sie seiner Einschätzung zufolge von den Anlegern schnell verziehen werden. Immerhin handele es sich um Einmaleffekte. Peter Spengler von der DZ Bank sprach indes von einem Vertrauensverlust, der schlimmer sei als die Belastungen beim Gewinn.

CONSUMER HEALTH SCHWACH

Analysten rechnen für das Gesamtjahr bislang im Schnitt mit einem Ebitda von 12,3 Milliarden Euro. Unsicherheitsfaktor bleibt allerdings die Grössenordnung der Enttäuschung im Gesundheitsbereich. Denn hier läuft es auch nicht rund. Die Sparte Consumer Health entwickle sich schwächer als prognostiziert, hiess es am Freitag weiter. Hier verkauft Bayer unter anderem die Mittel Bepanthen oder Claritin gegen Allergie-Beschwerden und das Kopfschmerzmittel Aspirin. Bisher rechnete Bayer hier mit einem Plus beim Ebitda im unteren und mittleren Prozentbereich. Zusätzliche Ergebnisbelastungen erwartet der Konzern aufgrund des verschlechterten Währungsumfeldes. Der Euro ist zum Dollar seit Dezember kontinuierlich gestiegen.

Der Konzern hatte erst Ende April mit den Zahlen zum ersten Quartal die Prognose wegen guter Geschäft bei Covestro erhöht. Die Geschäfte des Kunststoffspezialisten verlaufen weiterhin stark, teilte Bayer am Freitag entsprechend mit. Dies gelte auch für das Pharma-Geschäft. Die Geschäftseinheit Animal Health liege im Rahmen der Erwartungen.

MONSANTO-ÜBERNAHME BEI EU BEANTRAGT

Die EU-Kommission in Brüssel bestätigte derweil den Eingang der Bayer-Unterlagen zum Monsanto-Deal. Als vorläufige Frist bis zu einer Entscheidung nannte die Behörde den 7. August. Bayer sprach von einem weiteren wichtigen Schritt bei der Transaktion. Ziel sei es, die Übernahme bis Ende 2017 abschliessen zu können.

Derzeit nehmen Kartellbehörden in zahlreichen anderen Ländern die 66 Milliarden US-Dollar teure Übernahme unter die Lupe. Neben den USA gilt die Prüfung in Brüssel als grösste Hürde auf dem Weg zu Übernahme von Monsanto. Mit der Zulassung würde die neue Allianz zum weltgrössten Anbieter in der Agrarchemie aufsteigen. Umweltschützer und Kritiker verlangen wegen der grossen Marktmacht eine Untersagung des Zusammenschlusses. Die Grünen im Bundestag forderten ein Einschreiten: "Diesen Deal darf es nicht geben", erklärten der Fraktionsvorsitzende der Partei, Anton Hofreiter, und die Sprecherin für Wettbewerbspolitik, Katharina Dröge. Die Fusionsspirale auf dem Agrarmarkt müsse gestoppt und die Artenvielfalt gesichert werden.

Die EU-Kommission hatte erst vor wenigen Monaten den Erwerb der schweizerischen Syngenta durch ChemChina und die Fusion der US-Riesen Dow Chemical und Dupont mit Auflagen genehmigt. Die Brüsseler Aufsichtsbehörde hat bereits eine genaue Prüfung des Bayer-Monsanto-Deals angekündigt./ls/stk/DP/mis