BERLIN (dpa-AFX) - Finanzen, Familiennachzug und Flucht, Klima und Kohle, Vorratsdaten: Das dürften einige der härtesten Nüsse sein, die von den Jamaika-Unterhändlern in der Nacht der Entscheidung bis zum Freitagmorgen zu knacken sind. Ein Überblick über offene Kernthemen:

STEUERN, FINANZEN, HAUSHALT: Soli-Abbau, Kindergeld, Freibeträge, Schulen, Integration, Netzausbau - die Wünsche aus CDU, CSU, FDP und Grünen summieren sich nach Berechnungen von Unionsexperten auf 100 Milliarden Euro. Wo soll das Geld bloß herkommen? Zuletzt gingen die Jamaika-Unterhändler von einem Finanzspielraum für die kommenden vier Jahre von 35 bis 40 Milliarden Euro aus.

Je nach Berechnung - etwa durch Einbeziehung von Umschichtungen im mittelfristigen Finanzplan oder durch Privatisierungen - könnten bis zu 45 Milliarden Euro möglich werden. Von anderen Teilnehmern der Beratungen am Mittwochabend hieß es, man habe über verschiedene Szenarien geredet, eine feste Zahl sei nicht genannt worden. Immerhin seien sich alle Seiten einig, die solide Haushaltspolitik mit der "Schwarzen Null" fortzusetzen, sagt CDU-Generalsekretär Peter Tauber.

KLIMA: CDU, CSU, FDP und Grüne bekennen sich zwar zu den deutschen und internationalen Klimazielen. Umstritten ist aber schon, wie viel CO2 Deutschland bis 2020 zusätzlich einsparen muss, um das eigene Ziel zu schaffen. Dass die Stromgewinnung aus Kohle zurückgefahren werden muss, ist inzwischen Konsens. Aber um wie viele Gigawatt? Und sollen die Kraftwerksbetreiber entschädigt werden dafür, dass sie abschalten, oder nicht? Da sind die Fronten noch verhärtet.

MIGRATION: Die Beratung zu diesem Thema war zunächst wegen massiver Differenzen ausgesetzt worden. CSU und CDU halten bisher strikt an ihrem Unions-Kompromiss fest, der eine Art Obergrenzenrichtlinie bei der Zuwanderung vorsieht. Die Grünen fordern eine Ausweitung des Familiennachzugs - CDU und vor allem CSU sind hier dagegen. Die große Koalition hatte den Familiennachzug bei Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus für zwei Jahre bis März 2018 ausgesetzt. Die FDP dringt ähnlich wie die Grünen auf eine Einwanderungsgesetz. Die Union ist für ein Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz offen. Strittig sind Details.

VERKEHR: Hier hakt es vor allem beim Verbrennungsmotor - und wie. Von einem festen Enddatum haben sich die Grünen inzwischen verabschiedet, würden aber gern zum Beispiel über CO2-gebundene Steuern saubere Autos bevorzugen. Weitere Streitpunkte sind die Nachrüstung von Dieselautos und die Blaue Plakette für relativ saubere Autos, die gegen die hohe Stickoxid-Belastung in Innenstädten helfen soll. Vor allem die CSU, aber auch die FDP stemmt sich dagegen.

INNEN, SICHERHEIT, RECHTSSTAAT: Bis zuletzt liegen die Innenexperten der Jamaika-Parteien beim zentralen Punkt Vorratsdatenspeicherung über Kreuz - auch nach einem Kompromissangebot der Union. FDP und Grüne bestehen darauf, das Prinzip der anlasslosen Datenspeicherung durch ein anlassbezogenes Vorgehen zu ersetzen. CDU und CSU hatten vorgeschlagen, darauf zu verweisen, dass man der laufenden juristischen Prüfung der umstrittenen Speicherung nicht vorgreifen werde. Falls das Ergebnis der Prüfung Änderungen nötig mache, wolle man die zügig umsetzen. Darauf ließen sich FDP und Grüne nicht ein.

AGRAR: Streit gibt es weiterhin über den Umgang mit EU-Agrarsubventionen. Die Grünen würden sie gern stärker an Natur- und Tierschutz ausrichten.

EUROPA: Die CSU pocht auf den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Die Grünen wollen die Beziehungen zur Türkei eingefroren lassen. Einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche sei das falsche Signal. Umstritten ist weiterhin auch, wie Eurostaaten mit schweren finanziellen Problemen geholfen werden soll./ted/rm/bk/DP/zb

Unternehmen im Artikel: Bayerische Motoren Werke, E.ON, RWE, Daimler, Volkswagen