Von Jacky Wong

PEKING (Dow Jones)--Die Eisenerzpreise sind aufgrund von Sorgen um die Stahlversorgung in China und generell die Politik Pekings auf neue Höchststände gesprungen. Das könnte sich auch wieder ändern.

Eisenerz-Futures an der chinesischen Börse in Dalian kletterten zuletzt um 10 Prozent - das tägliche Handelslimit - auf ein Rekordhoch. Die Rally findet vor dem Hintergrund generell lebhafter Rohstoffmärkte statt. Zugleich erklommen zum Beispiel auch die Kupferpreise Rekordhöhen, da das Metall als Nutznießer des Übergangs zu erneuerbaren Energien und Elektrofahrzeugen angesehen wird. Analysten von Goldman Sachs bezeichneten das rote Metall im vergangenen Monat als das "neue Öl".

Sorgen über das Angebot scheinen die jüngsten Gewinne bei Eisenerz angetrieben zu haben. China setzte in der Vorwoche einen strategischen Wirtschaftsdialog mit Australien auf unbestimmte Zeit aus und signalisierte damit, dass ein Ende der sich verschlechternden Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht in Sicht ist. Australien ist bei weitem der größte Eisenerzproduzent der Welt, während China der größte Verbraucher ist. In der vergangenen Woche verschärfte China zudem die Maßnahmen zur Drosselung der Kapazitäten in heimischen Stahlwerken, um "blinde Investitionen" zu verhindern.

Es wird erwartet, dass dies den Aufbau von Lagerbeständen von Eisenerz und Stahl vor dem Inkrafttreten der kommenden Beschränkungen vorantreiben könnte.

Die kurzfristige Angebots- und Nachfragesituation für viele Rohstoffe ist in der Tat aus dem Gleichgewicht geraten, teilweise wegen der Pandemie. Derweil haben die durch Covid-19 und schwere Regenfälle verursachten Versorgungsunterbrechungen beispielsweise die Eisenerzproduktion in Brasilien, dem zweitgrößten Eisenerzproduzenten, beeinträchtigt. Die Nachfrage in China, das sich von der Pandemie erholt hat, bleibt jedoch stark. Das Ungleichgewicht könnte noch eine Weile anhalten, aber eine fundamentale Verschiebung hin zu einem noch angespannteren chinesischen Markt scheint auf lange Sicht eher fraglich.

Wenn sich die Futures-Preise nach oben bewegen, da Investoren erwarten, dass australisches Eisenerz in Festlandchina aus politischen Gründen knapp wird, dürften diese Anleger letztlich enttäuscht sein. Es gibt einen Grund, warum China keine Sanktionen gegen australisches Eisenerz verhängt hat, obwohl es dies seit vergangenem Jahr für andere Waren, wie Hummer und Kohle, getan hat. Mehr als die Hälfte von Chinas Eisenerzimporten kommt aus Australien, und es ist schwer für das Land, genug aus anderen Ländern zu beziehen. Allenfalls müsste es seinen gesamten Stahlbedarf radikal drosseln.

Der Schritt, die Stahlproduktionskapazitäten zurückzufahren, könnte, wenn er erfolgreich ist, mittelfristig die Nachfrage nach Eisenerz verringern, was die Preise belasten würde, sobald der Ansturm auf die Lagerbestände vorbei ist. Und die Verlangsamung der Kreditvergabe in China, da die politischen Entscheidungsträger die Stimulierungsmaßnahmen des vergangenen Jahres zurückfahren, könnte die steigende Stahlnachfrage in diesem Jahr ebenfalls bremsen. Es ist derzeit überall ein lebhafter Markt für Rohstoffe - aber diese besondere Rallye könnte weniger bedeuten, als es scheint.

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May 11, 2021 03:45 ET (07:45 GMT)