FRANKFURT (dpa-AFX) - Tausende Arbeitsplätze stehen nach Einschätzung der IG Metall auf dem Spiel, wenn der anstehende Umbau der Autoindustrie mit einem stärkeren Fokus auf die Elektromobilität nicht gelingt. "Die Dekarbonisierung trifft unsere Betriebe schon sehr stark", sagt der Leiter des IG-Metall-Bezirks Mitte, Jörg Köhlinger. Er ist für die Länder Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen zuständig, in denen die großen Hersteller zwar einige verlängerte Werkbänke, aber nicht ihre Zentralen haben. In allen vier Ländern säßen zudem Zulieferer, die extrem vom Verbrennungsmotor abhängig seien.

"Wir wollen den technologischen Wandel nicht verhindern", stellte Köhlinger klar. Es gehe aber darum, den Wandel so zu gestalten, dass möglichst viele Beschäftigte weiterhin Arbeit fänden. "Die Politik darf sich nicht darauf zurückziehen, Klimaziele und Grenzwerte zu setzen, ohne sich über die Rahmenbedingungen Gedanken zu machen", sagte Köhlinger der Deutschen Presse-Agentur. Er forderte erneut ein neuartiges Kurzarbeitergeld, mit dem Zeiten zur Qualifizierung auf neue Tätigkeiten überbrückt und die Beschäftigten im Betrieb gehalten werden könnten.

Der Autobauer Opel stelle in seinem Bezirk nach der Übernahme durch den französischen PSA-Konzern einen Sonderfall dar, wies der Gewerkschafter auf die vereinbarte Beschäftigungssicherung bis Mitte 2023 hin. Mit dem Management werde laufend über anstehende Investitionen verhandelt, um die Zukunft der Standorte zu sichern. "Eine deutsch-französische Batterieproduktion in Kaiserslautern wäre schon eine kleine Sensation", begrüßte Köhlinger entsprechende Berichte über Planungen von PSA mit der Total-Tochter "Saft". Für das laufende Jahr sei das Komponentenwerk in der Pfalz noch gut ausgelastet. Im thüringischen Werk Eisenach komme es darauf an, ob das angekündigte Elektro-Hybrid-Modell des Grandland X tatsächlich hohe Verkaufszahlen erreiche.

"Für das Stammwerk in Rüsselsheim wäre die Verlagerung des Volumen-Modells Astra eine gute Sache", sagte der Gewerkschafter. Eine endgültige Entscheidung sei aber seiner Kenntnis nach noch nicht gefallen. Ob der Teilverkauf großer Teile des Entwicklungszentrums an den Dienstleister Segula funktioniere, müsse man abwarten. Der deutsche Markt für Entwicklungsdienstleister sei eng und gut besetzt, so dass ein erhebliches Risiko des Scheiterns bestehe. Die IG Metall wolle aber auf jeden Fall eine funktionsfähige eigene Entwicklungsabteilung bei Opel erhalten.

Besondere Sorgen macht sich Köhlinger um die Industriebetriebe inklusive der Stahlunternehmen im Saarland. Allein bei Ford in Saarlouis und Bosch in Homburg seien rund 12 000 Arbeitsplätze bedroht. Beim US-Autobauer Ford sei die künftige Strategie insbesondere zur Elektromobilität noch komplett unklar. "Die Frage ist, was nach dem bislang erfolgreichen Focus kommt, der dort bis 2024 montiert wird." Belegschaft und Betriebsräte seien mit Hochdruck dabei, Strategien zu entwickeln. Hier müsse aber auch von den Unternehmen deutlich mehr kommen als bislang./ceb/DP/zb