Frankfurt (Reuters) - Die deutsche Bankenbranche bereitet sich auf einen Abschwung der Wirtschaft vor, sieht sich dafür aber gut gerüstet.

Eine Rezession für Deutschland sei nicht mehr abzuwenden, sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing zum Auftakt des "Handelsblatt"-Bankengipfels am Mittwoch in Frankfurt. Doch die Wirtschaft besitze genug Widerstandskraft, um die Rezession zu bewältigen. "Wir werden dieses Jahr höhere Kreditausfälle sehen, das wird aber alles verkraftbar sein", sagte Sewing. Der Chef der Finanzaufsicht Bafin, Mark Branson, warnte allerdings, das Bild sei noch nicht ganz klar. Die Bafin und die Bundesbank analysieren derzeit die angemessene Risikovorsorge der Banken in der Energiekrise. Diese ließen sich aus den Kreditportfolien der Institute Banken aber noch schwer herauslesen, sagte Branson.

"Kreditrisiken zu prognostizieren ist angesichts des unbekannten Ausmaßes staatlicher Hilfsprogramme schwierig", schrieb er in einem Beitrag zur Konferenz. Der Staat hätte in den ersten Jahren der Pandemie die Kreditrisiken der Banken "faktisch neutralisiert." Dass auf die Banken noch Ungemach zukommt, zeigte eine Umfrage des Industrieverbands BDI unter knapp 600 Firmen. Die sprunghaft gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten seien für 58 Prozent von ihnen eine starke Herausforderung, für 34 Prozent gehe es um die Existenz. Letzteres hatten im Februar erst 23 Prozent gesagt.

Deutschland unterschätze die Anpassungsfähigkeit des Mittelstands und der Bevölkerung, sagte der Chef der zweitgrößten italienischen Bank Unicredit, Andrea Orcel, auf der Banken-Konferenz. Er erwartet, dass sich die Wirtschaft 2024 erholen wird.

"GRÖßE ZÄHLT"

Für die langfristige Stärkung der europäischen Bankenbranche hält sie eine Konsolidierung für notwendig. "Größe zählt im Bankgeschäft - und wenn wir nicht den Amerikanern das Feld überlassen wollen, muss Europa die Voraussetzungen für große Banken schaffen", sagte Deutsche-Bank-Chef Sewing. Die Dominanz der US-Banken sei kein Naturgesetz. Im Zuge der Diskussion über die Abhängigkeiten der deutschen Wirtschaft müssten unbequeme Fragen auch zum Umgang mit China gestellt werden, fügte er hinzu. "Die zunehmende Abschottung des Landes und die wachsenden Spannungen, insbesondere mit den USA, bergen für Deutschland ein erhebliches Risiko." Diese Abhängigkeit zu verringern, erfordere einen mindestens ebenso fundamentalen Wandel wie die Entkoppelung von russischer Energie.

Eine Entkopplung von China sei Wunschdenken, reagierte Lutz Diederichs, Deutschlandchef von BNP Paribas. "Die Größe des chinesischen Marktes kann man nicht ersetzen." Die Abhängigkeit von China betreffe Kernbereiche der deutschen Wirtschaft und sei viel größer als die Abhängigkeit von Russland.

(Bericht von Marta Orosz und Tom Sims; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)