DORTMUND (dpa-AFX) - Lucien Favre pflegte seinen Ruf als Bedenkenträger. Obwohl sein Team aus Dortmund als großer Favorit in das Champions-League-Duell am Mittwoch (21.00 Uhr/Sky) mit Zenit St. Petersburg geht, redete der Trainer den international zuletzt eher unauffälligen Gegner aus Russland stark. "Wir brauchen eine große Leistung, müssen sehr clever pressen und auch bei eigenem Ballbesitz sehr klug sein", sagte der Schweizer mit nachdenklicher Miene.

Die Angst des Fußball-Lehrers vor einem Scheitern in der als leicht angesehenen Gruppe F ist seit vergangener Woche größer geworden. Denn nach dem kapitalen Fehlstart bei Lazio Rom (1:3) wird bereits das zweite Vorrundenspiel zu einem Finale. Die knifflige Ausgangslage veranlasste Sportdirektor Michael Zorc zu einer unmissverständlichen Ansage an die Profis: "Wir dürfen uns keinen Ausrutscher mehr erlauben und müssen gewinnen."

Der überzeugende Auftritt gegen den FC Schalke 04 (3:0) am vergangenen Samstag könnte als Blaupause dienen. Allerdings neigt das Team von Favre gerade nach besseren Auftritten in bedenklicher Regelmäßigkeit zu Sorglosigkeit. "Wir reden darüber, wir wissen es, kriegen es aber nicht behoben", bekannte Abwehrchef Mats Hummels, "jeden Tag auf dem Platz hart zu arbeiten, ist das, was uns noch fehlt, um eines der absoluten Top-Teams zu sein. Aber es ist schon besser geworden."

Aus Angst vor einem ähnlichen Rückschlag wie in Rom, wo die Mannschaft vor allem in der ersten Halbzeit maßlos enttäuschte, warnte neben Zorc auch Lizenzspielerchef Sebastian Kehl davor, den Derbysieg als Indiz für eine bereits gelungene Wende zu interpretieren: "Wir müssen gierig bleiben. Ein Spiel wird uns nicht helfen."

Mittelfeldspieler Thomas Delaney ist guter Dinge, dass die Mannschaft auch gegen St. Petersburg eine positive Reaktion zeigt: "Ich habe keine Angst, dass wir uns nicht für die nächste Runde qualifizieren", Es war das erste Spiel in Rom, und gibt für uns noch viele Möglichkeiten."

Viel spricht dafür, dass Favre wie schon im Spiel gegen Schalke wieder mit einer Viererkette spielen lässt, die der BVB eigentlich im Februar durch eine Dreierkette ersetzt hatte. Nach Einschätzung von Zorc hatten die im Revierderby erkennbaren Fortschritte im Forechecking jedoch weniger mit dieser Umstellung als vielmehr mit der Einstellung der Profis zu tun.

Mit ähnlichem Eifer und ähnlicher Taktik sollen auch die Russen von Beginn an unter Druck gesetzt und der Sieg erzwungen werden. Gut möglich, dass Favre dabei auf frische Kräfte setzt. So könnten die gegen Schalke erst kurz vor dem Ende eingewechselten Marco Reus (77. Minute) und Axel Witsel (71.) sowie der von einem Muskelfaserriss genesene Thorgan Hazard in die Startelf rücken.

Keine weitere Rotation dürfte es dagegen auf der Torhüterposition geben. Nach der heiß diskutierten Maßnahme von Favre, den eigentlichen Stammkeeper Roman Bürki kurzzeitig durch Marwin Hitz zu ersetzen, scheint nun Bürki wieder erste Wahl zu sein. "Roman ist nicht mehr verletzt, und er ist nicht mehr krank", antwortete Favre auf Fragen nach dem zuletzt in den Medien gehyptem Thema.

Ein internationales Schwergewicht ist der Doublesieger aus Russland, der sein erstes Gruppenspiel gegen den FC Brügge nach einem Gegentreffer in der Nachspielzeit mit 1:2 verlor, derzeit wahrlich nicht. Schließlich gewann das Team von Trainer Sergej Semak nur zwei der vergangenen zehn Champions-League-Partien und wartet seit zwölf Europapokal-Auswärtsspielen auf einen Sieg. Dennoch warnte Favre: "Diese Mannschaft hat gegen Brügge unnötig verloren und viele Torchancen verpasst."/bue/DP/fba