BERLIN (dpa-AFX) - Kurz vor dem Beschluss einer tiefgreifenden Reform für die Champions League kommt es erneut zum großen Machtkampf um eine mögliche Superliga. Clubs aus Italien, Spanien und England bauen zum wiederholten Male die Drohkulisse einer internationalen Abspaltung auf, die Europäische Fußball-Union UEFA und die nationalen Ligen reagierten wenig später mit einer scharfen Drohung. Die Vereine würden von allen weiteren Wettbewerben ausgeschlossen, ihre Spieler dürften nicht mehr für Nationalteams auflaufen, teilte die UEFA mit. Dies hatten in der Vergangenheit bereits auch der Weltverband FIFA und die weiteren Kontinentalverbände angekündigt.

Der englischen "Times" zufolge gehören Manchester United, der FC Liverpool, FC Arsenal und FC Chelsea sowie Tottenham Hotspur zu den Clubs, die eine Superliga planen. Weiteren Medienberichten zufolge sollen auch Juventus Turin, der FC Barcelona und Real Madrid dazu gehören.

Der deutsche Rekordmeister FC Bayern und Borussia Dortmund sind dem Vernehmen nach hingegen nicht an den Plänen beteiligt - wie auch der französische Champion Paris Saint-Germain. "Wir danken den Clubs in anderen Ländern, insbesondere den französischen und deutschen Clubs, die sich geweigert haben, sich dem anzuschließen", hieß es in einer UEFA-Mitteilung am Sonntagabend.

Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, sagte der UEFA am Sonntagabend Unterstützung zu. "Wirtschaftliche Interessen einiger weniger Top-Clubs in England, Italien und Spanien dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im gesamten europäischen Fußball zur Folge haben", äußerte Seifert. "Es wäre insbesondere unverantwortlich, die nationalen Ligen als Basis des europäischen Profifußballs auf die Weise irreparabel zu beschädigen."

Dem pflichtete DFB-Vize Roland Koch bei: "Genug ist genug. Ich unterstütze zu 100 % die Position der UEFA. Viel zu lange ist dem Treiben einiger weniger europäischer Großklubs zugesehen worden", schrieb Koch als Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees in einer Stellungnahme. Fußball basiere auf offenen sportlichen Wettbewerben. "Wer das nicht anerkennt, wird mit seinen Fans, Spielern und Teams aus allen Stockwerken des Weltfußballhauses ausziehen müssen", so Rainer Koch.

Beim DFB hieß es: "Jeder Verein wird sich entscheiden müssen, ob er Teil des solidarisch organisierten Gesamtfußballs bleiben oder ausschließlich egoistische Eigeninteressen außerhalb der UEFA und der nationalen Fußballverbände verfolgen möchte."

Die englische Premier League warnte am Sonntag ihre Clubs vor dem Beitritt in eine Superliga und verwies auf die Statuten, die genau das verhindern sollen. Sogar der britische Premierminister Boris Johnson schaltete sich in die Diskussion ein und nannte die Superliga-Pläne als "schädlich" für den Fußball. Sie würden das Herz des nationalen Fußballs treffen und die Fans im ganzen Land betreffen, schrieb Johnson auf Twitter.

Scharfe Kritik gab es vom europäischen Fan-Netzwerk Football Supporters Europe (FSE). "Dieser geschlossene Wettbewerb wird der letzte Nagel im Sarg des europäischen Fußballs sein und alles zerstören, was ihn so beliebt und erfolgreich gemacht hat", heißt es in einer Erklärung am Sonntag. "Diese Pläne sind von Grund auf illegitim, unverantwortlich und gegen jeglichen Wettbewerb. Mehr noch, sie werden ausschließlich aus Gier vorangetrieben."

Das UEFA-Exekutivkomitee will während seiner Sitzung am Montag die Aufstockung der Königsklasse von 32 auf 36 Teilnehmer und die Einführung eines neuen Modus beschließen. Dieser soll von der Saison 2024/25 an gelten. Zwei der vier neuen Plätze sollen dabei nicht mehr wie bislang üblich aufgrund von Leistungen aus der vorigen Saison vergeben werden. Stattdessen sollen die Platzierungen der Vereine in der UEFA-Fünfjahreswertung ausschlaggebend sein. Dies war ein Wunsch der mächtigen Club-Vereinigung ECA gewesen, die mit zwei Vertretern in der Exekutive des Kontinentalverbands sitzt.

Am Freitag war von einem Konsens zwischen der ECA und der UEFA-Kommission für Clubwettbewerbe (CCC) über die Details berichtet worden. Der Beschluss schien deshalb Formsache. Die Gründung einer Superliga war in den vergangenen Jahren immer dann ins Gespräch gebracht worden, wenn es um die Verteilung der TV-Gelder im Europapokal ging.

In den Plänen für die Superliga sollen der Nachrichtenagentur AP zufolge 15 permanente Mitglieder vorgesehen sein, dazu sollen fünf weitere Teams kommen. Insgesamt sollen für die 15 Gründungsvereine zunächst 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, die Top Sechs sollen davon jeweils 350 Millionen Euro erhalten./lü/mj/DP/zb