New York (Reuters) - Gefährdet Elon Musks Übernahme von Twitter die nationale Sicherheit der USA?

Der Plan des Tesla-Chefs, ausländische Investoren zur Finanzierung der 44 Milliarden Dollar schweren Übernahme an Bord zuholen, könnten die US-Sicherheitsbehörden auf den Plan rufen, sagten sechs Regulierungsexperten und Anwälte der Nachrichtenagentur Reuters. Soziale Medien gehören in den USA zur kritischen Infrastruktur, weil sie Daten von US-Bürgern sammeln und weiterverwerten. Deshalb könnte der gefürchtete Ausschuss für ausländische Investments in den USA (CFIUS), der schon einige Übernahmen zu Fall gebracht hat, den Deal auf potenzielle Risiken für die nationale Sicherheit abklopfen. "In dem Maße, in dem die von Musk geplante Übernahme von Twitter ausländische Investitionen beinhaltet, könnte sie sehr wohl unter die Zuständigkeit des CFIUS fallen", sagt etwa Chris Griner, Fachmann für nationale Sicherheit bei der Anwaltskanzlei Stroock & Stroock & Lavan.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Übernahmen bei Online-Medien ins Visier der US-Sicherheitsbehörde geraten. Zuletzt hatte die Regierung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump 2020 den CFIUS eingeschaltet, um die chinesische Muttergesellschaft von TikTok, ByteDance, zu zwingen, die Kurzvideo-App zu veräußern. Sein Nachfolger Joe Biden gab diese Bemühungen auf, nachdem ByteDance Änderungen zugestimmt hatte, wie die Daten von US-Nutzern gespeichert und geschützt werden.

Das US-Finanzministerium, das den Vorsitz des CFIUS innehat, lehnte eine Aussage dazu ab, ob das nationale Sicherheitsgremium Musks Twitter-Deal prüfen werde. Zu den Investoren, die der reichste Mann der Welt auf seiner Seite hat, zählen Oracle-Mitgründer Larry Ellison, die Katar Holding sowie die - gemessen am Handelsvolumen - weltgrößte Kryptowährung Binance. Zudem will der saudische Prinz Alwalid bin Talal seine Beteiligung von fast zwei Milliarden Dollar einbringen. Von Musk, bin Talal, Katar und Binance war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

PRÄZEDENZFALL QUALCOMM

Die von Reuters befragten Anwälte erklärten, dass Risiko einer Blockade durch die US-Behörden sei zwar gering, da Musk im Zuge der geplanten Übernahme Twitter kontrollieren werde und die ausländischen Investoren relativ kleine Anteile erwerben würden. Die Experten betonten aber, dass sich ihre Einschätzung ändern würde, sollte Musk den Geldgebern Einfluss auf das Unternehmen gewähren - etwa durch einen Sitz im Vorstand oder andere Wege. Die Behörden könnten auch Musks Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Regierungen durchleuchten, die der Meinungsfreiheit feindlich gegenüberstünden oder die die USA technologisch überholen wollten, hieß es. Musks Elektrobauer Tesla hängt etwa bei Herstellung und Verkauf seiner Fahrzeuge stark von China ab. "Eine der Überlegungen wäre, ob es für China eine Möglichkeit gibt, Geschäftsaktivitäten zu nutzen, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen", sagte Richard Sofield, Partner der Anwaltskanzlei Vinson & Elkins.

Die Experen erinnerten an einen Präzedenzfall, als der CFIUS einen Deal aufgrund des Risikos gestoppt hat, dass die Geschäftsbeziehungen eines Käufers das Geschäft gefährden könnten: Die Trump-Regierung blockierte mit dieser Begründung 2018 die 117 Milliarden Dollar teure Übernahme des US-Chip-Herstellers Qualcomm durch den Konkurrenten Broadcom.