JENA (dpa-AFX) - Die Aktie des Medizintechnikkonzerns Carl Zeiss Meditec stieg vor wenigen Monaten in den MDax auf. Kein Wunder, denn das Papier eilte von Rekordhoch zu Rekordhoch. Und erst kürzlich erfreute die Firma aus Jena die Anleger mit einer soliden Bilanz zum ersten Geschäftsquartal. Doch Branchenexperten warnen, dass die Kursrally vorbei sein könnte.

DAS IST LOS BEIM UNTERNEHMEN:

Carl Zeiss Meditec hat sich auf Geräte zur Diagnose von Fehlsichtigkeiten, Laser und Linsen sowie Operationsmikroskope etwa in der HNO- und Neurochirurgie spezialisiert. Heute beschäftigt das Unternehmen, das seinen Sitz in Jena hat und noch mehrheitlich zur baden-württembergischen Carl Zeiss AG in Oberkochen gehört, rund 3000 Mitarbeiter weltweit.

In der Augenheilkunde profitiert Zeiss Meditec heute von einer immer älter werdenden Gesellschaft. Weit verbreitete Augenkrankheiten wie das Glaukom (Grauer Star) halten die Geschäfte bei dem Thüringer Unternehmen in Gang. Und dann ist da noch die zunehmende Zahl an Menschen, die aus ästhetischen Gründen die Brille in die Schublade legen wollen und sich künstliche Linsen einsetzen lassen. In den USA ist dieser Trend deutlich sichtbar. Aber auch in China, wo sich eine wachsende Mittelschicht teure Operationen leisten kann, sieht Carl-Zeiss-Meditec-Chef Ludwin Monz zunehmend Chancen.

Der studierte Physiker leitet das Unternehmen seit März 2010. In den vergangenen Jahren hat sich Carl Zeiss Meditec als ein führender Anbieter in Augenarztpraxen und Operationssälen etabliert - in der Mikrochirurgie beherrscht Meditec den Markt sogar nach eigenen Angaben mit einem Anteil von 60 Prozent. Dadurch ist das Unternehmen auch zu einem wichtigen Aushängeschild für Ostdeutschland geworden, in dem es an börsennotierten Großkonzernen mangelt.

Seit dem vergangenen Geschäftsjahr 2017/18 wächst auch die längere Zeit stagnierende und am Umsatz gemessen kleinere Mikrochirurgie wieder - dank neuer hochmoderner Produkte. Konzernchef Monz rechnet sich deshalb aus, im noch bis September laufenden neuen Geschäftsjahr mindestens so stark weiterzuwachsen wie der Markt und mittelfristig eine operative Marge von 14 bis 16 Prozent erzielen zu können (2017/18: 15,4%).

Nach mehreren Übernahmen in den vergangenen Jahren liebäugelte Monz seit geraumer Zeit wieder mit einem neuen Zukauf. Im Oktober kündigte Carl Zeiss Meditec die Übernahme der US-amerikanischen Ian-Tech an, mit der sich die Ostdeutschen in der wichtigen Kataraktchirurgie stärken. Weil die Kriegskassen des Unternehmens gut gefüllt sind, hatten Branchenbeobachter Monz grundsätzlich auch einen größeren Wurf zugetraut.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Auch viele Analysten sehen für Carl Zeiss Meditec großes Wachstumspotenzial. Das Unternehmen befinde sich derzeit in einem starken Produktzyklus, urteilte etwa im Dezember HSBC-Experte Richard Latz. Er traut der Firma zwischen 2018 bis 2021 ein jährliches Umsatzwachstum von im Schnitt 10 Prozent zu. Als Latz seine Analyse schrieb, hatte die Meditec-Aktie jedoch gerade eine momentane Flaute, die sah der Branchenkenner als gute Einstiegsgelegenheit.

Angesichts des im Anschluss wieder starken Laufs der Aktie scheint vielen Experten das Kurspotenzial inzwischen ausgereizt. So strich etwa Ende Januar Aliaksandr Halitsa von der Privatbank Hauck & Aufhäuser aus Bewertungsgründen seine Kaufempfehlung. Mitte Februar entschied sich dann auch HSBC-Experte Latz, den Daumen wieder zu senken. Er sprach zwar von einem starken ersten Geschäftsquartal, das die Wachstumsdynamik des Herstellers von Medizintechnik belege. Auf dem rekordhohen Niveau schienen die guten Wachstumsaussichten jedoch eingepreist.

Ingesamt sind die meisten Analysten nun für die Aktie vorsichtig gestimmt. Von den neun Experten im dpa-AFX Analyser stimmt die Mehrheit von fünf Analysten für Halten, drei inzwischen für den Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 72,94 Euro - also noch etwas unter dem aktuellen Kurs von knapp 76 Euro.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Investoren haben die Meditec-Aktie im vergangenen Jahr als Kleinod im TecDax entdeckt. Während die Kurse allerorts rund um den Globus bröckelten, konnten Aktionäre mit dem Papier einen Jahresgewinn von mehr als 30 Prozent einstreichen.

Trotz dieser starken Kursbewegung hatte die Aktie zur großen Index-Erweiterung im September noch das Nachsehen. Nachdem die Anteilsscheine von Branchenmitgliedern wie Sartorius, Evotec, Morphosys und Qiagen schon damals in den Mittelwerte-Index aufrückten, schaffte das Meditec-Papier erst zur außerplanmäßigen Überprüfung zum Jahresende 2018 den Aufstieg.

Seit der MDax-Neuaufnahme am 27. Dezember hat das Papier eine steile Fahrt hingelegt - Schub brachten die Zahlen zum ersten Geschäftsquartal sowie positive Analystenkommentare. Bis zum Rekordhoch bei 84,55 Euro Mitte Februar ging es um mehr als ein Fünftel bergauf. Seit der gestrichenen Kaufempfehlung durch die HSBC hat das Papier jedoch wieder den Rückwärtsgang eingelegt./tav/men/mis