Die Immobilienverkäufe brachen im April so stark ein wie seit 16 Jahren nicht mehr, während die Industrie ihre Produktion drosselte, der Einzelhandel weniger umsetzte und die Investitionen unerwartet schwach wuchsen. Zugleich schnellte die Arbeitslosenquote in der Volksrepublik auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren. "Die Pandemie hat relativ große Auswirkungen auf den Wirtschaftsbetrieb", räumte der Sprecher des Statistikamtes, Fu Linghui, am Montag auf einer Pressekonferenz in Peking ein.

Besonders drastisch ist die Talfahrt bei den Immobilienverkäufen: Sie sanken wertmäßig um 46,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat und damit so stark wie seit 2006 nicht mehr. Die eigentlich als Konjunkturmotor geltende Baubranche steht nicht nur wegen der Pandemie unter Druck. Die Regierung hat ihre Kampagne gegen Spekulanten verschärft - auch aus Furcht vor einer Immobilienblase. Zudem hat die Krise um den angeschlagenen Immobilienriesen Evergrande viele potenzielle Hauskäufer verschreckt, die befürchteten, dass ihre Projekte nicht fertiggestellt werden.

Die Produktion in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt schrumpfte im abgelaufenen Monat um 2,9 Prozent im Vergleich zum April 2021. Die Einzelhändler nahmen zugleich 11,1 Prozent weniger ein - der stärkste Rückgang seit März 2020, als die erste Welle der Pandemie zu Kunden- und Umsatzschwund führte. "Chinas Wirtschaft hat hoffentlich das Schlimmste überstanden, schrieben die Experten von Capital Economics in einer Analyse. "Sie wird jedoch Schwierigkeiten haben, zu ihrem vor der Pandemie erreichten Trend zurückzukehren."

"IMMER NOCH MÖGLICH"

Der Corona-Schock durch die Ausbreitung der hochansteckenden Omikron-Variante belastet auch den Arbeitsmarkt, der jetzt als oberste politische Priorität für Peking angesehen wird, soll doch die wirtschaftliche und soziale Stabilität aufrechterhalten werden. Die Arbeitslosenquote kletterte im April auf 6,1 Prozent, den höchsten Wert seit Februar 2020. Dabei strebt die Regierung für 2022 im Schnitt weniger als 5,5 Prozent an. Zugleich legten die Anlageinvestitionen in den ersten vier Monaten des Jahres nur um 6,8 Prozent.

Um gegenzusteuern, haben seit Jahresbeginn mehr als 80 Städte Maßnahmen ergriffen, um die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt anzukurbeln. Dazu gehören Subventionen, niedrigere Hypothekenzinsen und geringere Anzahlungen. Die Aussichten für den Immobilienmarkt bleiben allerdings wegen wochenlanger Lockdowns in Dutzenden von Städten wie der 26-Millionen-Einwohner zählenden Wirtschaftsmetropole Shanghai düster.

Ökonomen zufolge droht China das von der Regierung ausgegebene Wachstumsziel zu verfehlen, das für dieses Jahr ein Plus von rund 5,5 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt vorsieht. Wegen der drakonischen Null-Covid-Politik hatte es schon im ersten Quartal nur zu einem Wachstum von 4,8 Prozent gereicht. "Es ist immer noch möglich, in diesem Jahr ein BIP-Wachstum von etwa fünf Prozent zu schaffen, wenn die Covid-Einschränkungen die Wirtschaft nur im April und Mai beeinträchtigen", sagte der in Shanghai ansässige Ökonom Nie Wen vom Hwabao Trust. "Aber das Virus ist so ansteckend, und ich bin weiterhin besorgt über das zukünftige Wachstum."

Die Bundesregierung blickt mit Sorge auf die Folgen der Corona-Politik beim wichtigsten deutschen Handelspartner China. "Sollte China weiterhin von Lockdowns betroffen sein, sind neue Lieferengpässe und eine Verlangsamung des Welthandels denkbar", heißt es im aktuellen Monatsbericht des Wirtschaftsministeriums. Auch deshalb falle der Ausblick für den deutschen Außenhandel in den kommenden Monaten gemischt aus.