Zürich (awp) - Der Chemiekonzern Clariant gibt am Donnerstag, 30. Juli, die Ergebnisse zum ersten Semester 2020 bekannt. Insgesamt haben sechs Analysten zum AWP-Konsens beigetragen.

H1 2020E
(in Mio Fr.)          AWP-Konsens     H1 2019A

Umsatz                  1'937           2'229   
EBITDA*                   300             355  
Konzerngewinn              76            -101  

* Vor Sondereffekten

FOKUS: Das Coronavirus hat das Geschäft von Clariant im zweiten Quartal voll infiziert. Zudem bläst dem Spezialchemiekonzern der Gegenwind von der Währungsfront entgegen. Analysten rechnen mit einem Umsatz- und EBITDA-Einbruch. Am härtesten dürfte die Sparte Natural Ressources getroffen worden sein, die einen grossen Teil ihrer Kunden in der Erdölindustrie, im Bergbau und in der Autobranche hat. Besser haben sich nach Ansicht von Analysten die Sparten Katalysatoren und Care Chemicals gehalten.

Der Konzerngewinn werde entsprechend tief ausfallen, hiess es. Im Vorjahr hatte Clariant einen Halbjahresverlust von 101 Millionen Franken ausgewiesen, weil der Konzern Rückstellungen von 231 Millionen Franken für eine EU-Kartelluntersuchung gebildet hatte. Die EU-Wettbewerbshüter haben die Muttenzer vor kurzem zu einer Busse von 155,8 Millionen Euro oder umgerechnet von rund 166 Millionen Franken verdonnert.

Im zweiten Halbjahr dürften sich die Geschäfte nach Ansicht von Analysten wieder etwas erholen, aber der Umsatz im Gesamtjahr 2020 unter dem Niveau von 2019 bleiben.

ZIELE: Clariant verzichtet wegen der Coronapandemie auf Jahresziele für 2020. Analysten glauben nicht, dass sich daran anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen etwas ändern wird.

PRO MEMORIA: Mitte Juli hat sich Clariant gemeinsam mit anderen Konzernen in dem Kartellfall mit den EU-Wettbewerbshütern geeinigt: Das Chemieunternehmen bezahlt eine Busse von 155,8 Millionen Euro. Clariant, Orbia, Celanese und Westlake hätten sich beim Kauf von Ethylen abgesprochen, um den tiefstmöglichen Preis zu erzielen, teilte die EU-Kommission mit. Alle vier Unternehmen hätten ihre Rolle in dem Kartell eingestanden und dem Vergleich zugestimmt. Insgesamt zahlen die Unternehmen Bussen von 260 Millionen Euro. Clariant profitiert von einer Strafreduktion um 40 Prozent, weil der Konzern mit der Untersuchungsbehörde kooperiert und seine Beteiligung an dem Kartell zugegeben hat.

Anfang Juli hat Clariant den Verkauf der Division Masterbatches an PolyOne unter Dach und Fach gebracht. Die Transaktion im Wert von 1,56 Milliarden US-Dollar war Ende 2019 angekündigt worden. Der Deal machte den Weg frei für eine Sonderausschüttung von 3 Franken je Aktie. Das Geld dafür stammt aus dem nun vollzogenen Verkauf der Masterbatches (Kunststoffgranulat) und dem noch angestrebten Verkauf des Pigmentgeschäfts. Der verbleibende Erlös aus den beiden Transaktionen soll für Investitionen in Innovationen sowie zur Stärkung der Bilanz verwendet werden.

Clariant gehört seit Mitte Juni zur erweiterten Verwandtschaft der weltgrössten Erdölfördergesellschaft Aramco aus Saudi Arabien. Diese hat vom staatlichen Investmentfonds PIF dessen 70-Prozent-Anteil am Clariant-Grossaktionär Sabic gekauft. Der gut 69 Milliarden US-Dollar schwere Deal war schon vor über einem Jahr angekündigt worden. Saudi Aramco verspricht sich von der Transaktion neue Möglichkeiten im schnell wachsenden Markt für Petrochemie. Dadurch entsteht im Nahen Osten ein neuer Chemie-Branchengigant.

AKTIENKURS: Die Aktien von Clariant schneiden mit einem Minus von gut 16 Prozent seit Jahresbeginn schlechter ab als der Gesamtmarkt SPI, der rund 1 Prozent tiefer steht als Ende 2019.

Homepage: www.clariant.com

jg