Zürich (awp) - Die Aktien des Chemiekonzerns Clariant stehen zu Wochenschluss unter Abgabedruck, nachdem die geplante Fusion mit dem US-Mitbewerber Huntsman abgeblasen wurde. Ganz überraschend kommt nach den jüngsten Entwicklungen die Kehrtwende aber nicht. Einige Analysten sehen Clariant nun wieder auf dem Einkaufszettel von anderen Unternehmen auftauchen.

Um 09.35 Uhr notieren Clariant Namen 4,8% tiefer bei 24,31 CHF. Gerade noch am Vortag hatten die Papiere bei 25,56 CHF ein neues Jahreshoch erreicht - so viel wurde für die Papiere seit rund 15 Jahren nicht mehr bezahlt. Der am SPI gemessene Gesamtmarkt steht zum Berichtszeitpunkt 0,39% höher.

Marktteilnehmer und Analysten zeigen sich in ersten Reaktionen nicht übermässig überrascht davon, dass Clariant und Huntsman ihre Hochzeit abblasen. Denn der Druck des aktivistischen Investors White Tale wurde durch den stetigen Beteiligungsaufbau immer grösser und die notwendige Mehrheit an der ausserordentlichen Generalversammlung rückte zuletzt in immer weitere Ferne.

Mit dem Abbruch der Fusion verpuffen die im Aktienkurs noch eingepreisten Merger-Synergien. Das Scheitern sei aber bereits zu einem guten Teil eingepreist gewesen, resümiert Lorena Zini von der Bank Vontobel, die Kursschwächen als Kaufgelegenheiten empfiehlt. Kursstützend kommt hinzu, dass die beiden Partner ohne eine "Break-up-Fee" aus der Transaktion herauskommen.

Markus Mayer von Helvea Baader beleuchtet einen anderen Aspekt: Clariant könnte nun für andere Wettbewerber wieder zu einem Übernahmeziel werden. Er bezeichnet die Muttenzer als "No. 1 takeover target" im europäischen Chemiesektor und misst deren Aktien in einem solchen Szenario einen Wert von 30 CHF das Stück bei.

Allerdings dürften sich potentielle Bieter noch etwas zurückhalten und auf tiefere Kurse warten, meint Mayer dazu. Zudem habe sich das aktuelle Management in den letzten Jahren immer dagegen verwahrt, übernommen zu werden. Potenzielle Bieter könnten daher vielleicht zuwarten, bis sich dies ändert. Das heisst, aufgrund des Einflusses des aktivistischen Investors White Tale.

Clariant-CEO Hariolf Kottmann will an der Spitze des Unternehmens bleiben, wie er am Freitagmorgen erläuterte. Wie lange er sich dort halten kann, scheint indes ungewiss. Der Druck auf ihn dürfte in den nächsten Wochen und Monaten zunehmen. Ein Wechsel wird von verschiedenen Kommentaren deshalb nicht ausgeschlossen. So geht etwa Vontobel-Expertin Zini davon aus, dass White Tale auf zwei Sitze im Clariant-Verwaltungsrat pochen wird, um Druck auf das Management auszuüben.

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