Frankfurt (Reuters) - Die EU-Bankenbehörde EBA prüft in den nächsten Monaten die Widerstandsfähigkeit europäischer Geldhäuser in einem großangelegten Stresstest.

An dem turnusmäßigen Belastungscheck nehmen diesmal 70 Finanzinstitute teil - 20 mehr als beim letzten Stresstest 2021, wie die EBA am Dienstag mitteilte. Die Aufseher wollen unter anderem herausfinden, wie die Banken mit einem herben Wirtschaftseinbruch, sowie einer anhaltend starken Inflation und hohen Zinsen zurechtkommen. Banken müssen unter anderem zeigen, ob sie in einer solchen Situation noch über ausreichend Kapital verfügen. Zu den teilnehmenden deutschen Geldhäusern gehören unter anderem die Deutsche Bank, die Commerzbank und die DZ Bank. Die Ergebnisse will die EBA Ende Juli veröffentlichen.

Das hypothetische Krisen-Szenario, das drei Jahre bis einschließlich 2025 umfasst, unterstellt sich massiv verschärfende geopolitische Spannungen und ein Wiederaufflammen der Corona-Pandemie. Dabei nimmt die EBA an, dass Russland die Gaslieferungen in die EU komplett einstellt und Energie- und Rohstoffpreise in die Höhe schnellen. Für 2023 wird eine Inflation in der EU von 9,7 Prozent angenommen. Die hohen Inflationsraten und hohe Zinsen dämpfen im Krisenszenario den privaten Konsum und die Investitionen. Es sieht bis 2025 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 6,0 Prozent in der EU vor sowie eine Zunahme der Arbeitslosenquote um 6,1 Prozentpunkte. Für 2023 und 2024 wird eine schwere Rezession unterstellt. Laut EBA ist dies das bislang härteste Krisenszenario für die Banken.

Noch in ihrem vorangegangenen Stresstest 2021 waren die Aufseher in ihrem Negativ-Szenario von lang anhaltenden Niedrig- oder Negativzinsen ausgegangen. Doch durch den Ukraine-Krieg hat sich die Situation inzwischen komplett geändert. Die Inflationsraten in Europa sind so stark in die Höhe geschossen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In der Euro-Zone erreichte die Teuerung im Oktober ein Niveau von 10,6 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat seit dem Juli 2022 die Zinsen bereits vier mal in Folge angehoben, zuletzt im Dezember um 0,50 Prozent. Für die anstehende Zinssitzung an diesem Donnerstag wird mit einer weiteren kräftigen Zinserhöhung gerechnet.

Bei ihrem Stresstest wollen die Aufseher diesmal auch erstmals detailliert darauf schauen, wie sich die Schocks auf 16 Sektoren auswirken, in denen die Banken engagiert sind. Die Ergebnisse des EU-weiten Belastungschecks sollen in die jährliche Bankenprüfung (SREP) einfließen.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)