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VORAB

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VERÖFFENT

LICHUNG

Hauptversammlung

am 31. Mai 2023

Geschäftslage, Strategie und Perspektiven

Die Bank an Ihrer Seite

- Es gilt das gesprochene Wort. -

Manfred Knof

Vorstandsvorsitzender

ich freue mich sehr, Sie zur diesjährigen Hauptversammlung der Commerzbank begrüßen zu dürfen.

Die Commerzbank steht heute so gut da, wie schon lange nicht mehr. Und das in einem Umfeld, das von Unsicherheiten geprägt ist - wie auch schon lange nicht mehr.

Doch bevor ich zu all dem komme, lieber Herr Gottschalk:

Als sich im Frühjahr 2021 Ihr Vorgänger krankheitsbedingt zurückziehen musste, haben Sie nicht ge- zögert, Verantwortung zu übernehmen.

In den zurückliegenden zwei Jahren haben Sie - mit Ihrem Sachverstand und der Ihnen eigenen Kon- sequenz und Beharrlichkeit - einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass die Commerzbank in die Erfolgsspur zurückgefunden hat.

Und nicht zuletzt haben Sie maßgeblich daran mitgewirkt, Ihre eigene Nachfolge mit der Nominie- rung von Dr. Jens Weidmann frühzeitig und überzeugend zu regeln.

Für all dies gebührt Ihnen Dank, Respekt und Anerkennung, die ich Ihnen im Namen des gesamten Vorstands, der Mitarbeitenden - und mit Sicherheit auch der Aktionärinnen und Aktionäre - der ­Commerzbank aussprechen möchte.

Lieber Herr Gottschalk, Ihr Wirken hat der Commerzbank gutgetan!

Wir wünschen Ihnen für die Zukunft nur das Beste!

Commerzbank-Hauptversammlung 31. Mai 20232

Meine Damen und Herren,

als ich hier vor zwei Jahren vor Ihnen stand, steckten wir noch mitten in der Corona-Pandemie. Vor einem Jahr lag der russische Angriff auf die Ukraine nur wenige Wochen zurück. Wir standen damals alle unter dem Eindruck des erschütternden Leides der Menschen. Und wir ahnten mehr, als dass wir es wussten, wie gravierend die politischen und wirtschaftlichen Folgen dieses Krieges sein würden.

Heute, ein Jahr später, ist er immer noch nicht zu Ende! Seit mehr als 15 Monaten erreichen uns nun Tag für Tag Bilder von Tod und Zerstörung. Der Krieg droht zu einer monströsen Normalität zu wer- den. Es darf aber nie passieren, dass Krieg zu Normalität wird!

Wann und wie dieser Krieg enden wird, weiß heute noch niemand. Klar ist hingegen, dass die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende tatsächlich stattgefunden hat. Die Welt ist heute eine andere als vor dem 24. Februar 2022. Sie ist unsicherer geworden. Nicht nur geopolitisch, sondern auch wirtschaftlich.

Aktuelle Herausforderungen

Die direkten und indirekten ökonomischen Auswirkungen des Krieges waren und sind erheblich:

  • Lieferketten mussten quer durch alle Branchen quasi über Nacht angepasst werden.
  • Die massiven Verwerfungen auf den globalen Energiemärkten konnten nur mit einer gewaltigen politischen Kraftanstrengung für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen abgefedert werden.
  • Und die erhoffte wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie fand nicht statt.

Die von den Zentralbanken vollzogene Zinswende hat die Wirtschaftstätigkeit dann weiter gedämpft. Wir sehen das gerade im Bausektor oder an den Immobilienmärkten.

Derweil ist die Inflation immer noch viel zu hoch, der Arbeitskräftemangel setzt viele Branchen zu- nehmend unter Druck und die Konjunktur bleibt vorerst schwach: Ob wir in Deutschland in diesem Jahr eine leichte Rezession sehen oder mit einem marginalen Wachstum knapp daran vorbeischram- men, ist noch nicht klar. Anderswo sieht es übrigens leider nicht viel besser aus.

Das alles stellt das Risikomanagement der Banken ohnehin schon vor große Herausforderungen. Doch unser Sektor steht unter Beobachtung. Erst recht nach den Problemfällen der vergangenen ­Monate in der Schweiz und in den USA hat das Vertrauen in den Bankensektor stark gelitten. Und das, obwohl jeder einzelne Fall schnell und entschlossen gelöst werden konnte.

Politikerinnen und Poliktiker sowie Aufsichtsbehörden betonen richtigerweise, dass die große Mehr- zahl der Banken - gerade auch in Deutschland und in Europa - gesund und robust ist.

Auf jeden Fall gilt das für die Commerzbank.

Unser Geschäftsmodell ist grundsolide. Ja es ist quasi wie gemacht für Zeiten wie diese: klassisches, handwerklich gut gemachtes Bankgeschäft, ausgelegt auf stabile, langfristige Partnerschaften - vor allem mit dem exportorientierten Mittelstand in Deutschland.

Starke klassische Banken wie die Commerzbank werden gerade jetzt dringend gebraucht.

Denn die Wirtschaft steht vor gewaltigen Aufgaben, die sie am besten mit leistungsfähigen Finanz- partnern an ihrer Seite meistern kann.

  • Der Krieg und seine Folgen müssen bewältigt werden.
  • Die explodierenden Energiepreise dürften noch dem letzten Skeptiker klar vor Augen geführt haben, dass die Energiewende alternativlos ist und beschleunigt werden muss.

Für die Unternehmen aus praktisch allen Branchen ist das sehr herausfordernd, strategisch und finan- ziell. Die meisten Unternehmen, mit denen ich spreche, haben diese Herausforderung angenommen. Sie treiben die grüne Transformation der Wirtschaft mit Hochdruck voran.

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Der Finanzierungsbedarf dafür geht in die Billionen. Und das, meine Damen und Herren, kann der Staat nicht allein decken. Privates Kapital ist unabdingbar. Banken können und werden einen ent- scheidenden Beitrag dazu leisten, dieses Kapital zu mobilisieren. Die Commerzbank als die führende deutsche Mittelstandsbank steht hier in vorderster Reihe.

Eines muss ich hier dennoch betonen: Der europäische Kapitalmarkt ist immer noch ein Flickentep- pich. Und damit ein großes Hindernis für das, was als Europa vor uns liegt. Wir brauchen einen Markt mit viel mehr Tiefe und Liquidität, um für internationales Kapital attraktiver zu werden. Aus diesem Grund werben die deutschen Banken im Schulterschluss mit unseren französischen Freunden intensiv dafür, dass die europäische Kapitalmarktunion nun endlich entschlossen vorangetrieben wird. Dazu gehört auch, einen liquiden, transparenten und effizienten Verbriefungsmarkt in Europa zu schaffen. Die politischen Signale, die wir dafür aus Berlin und Paris empfangen, sind durchaus ermutigend. Viel- leicht wird es ja dieses Mal was.

Umsetzung "Strategie 2024"

Meine Damen und Herren,

als ich Anfang 2021 mein Amt als Vorstandsvorsitzender antrat, war die Commerzbank in einer außer- ordentlich schwierigen Lage.

Seither hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Wir haben die Krise genutzt. Wir alle zusammen in der Commerzbank haben das Ruder herumgerissen - mit einer der vielleicht radikalsten und ­schnellsten Transformationen, die der deutsche Bankensektor je gesehen hat:

  • Wir haben eine sehr harte Restrukturierung umgesetzt - ich komme gleich noch darauf zurück.
  • Wir haben uns im Kundengeschäft zurückgekämpft.
  • Wir haben am Kapitalmarkt wieder an Boden gewonnen - so viel, dass wir die Rückkehr in den Dax geschafft haben.

Und was mindestens genauso wichtig ist: Auch innerhalb der Bank wächst das Vertrauen wieder. Meine Vorstandskolleginnen und -kollegen und ich sind in den vergangenen Wochen sehr viel unter- wegs gewesen und haben zahlreiche Standorte besucht. Ich habe mit vielen Mitarbeitenden auf allen Ebenen gesprochen. Und wenn es eine Sache gibt, die eindeutig zu spüren ist, dann dies:

Die Stimmung hat sich gedreht. Die Commerzbank glaubt wieder an sich selbst. Die Menschen in der Bank blicken nach schwierigen Jahren wieder optimistisch nach vorn.

2022 als entscheidendes Transformationsjahr

2022 war dafür vermutlich das entscheidende Jahr. Wenn Sie so wollen, war das abgelaufene Jahr der erste wirkliche Lackmustest für unsere "Strategie 2024". Und den haben wir erfolgreich absolviert.

Wir haben geliefert, was wir versprochen haben - strategisch und finanziell. Natürlich bleibt noch einiges zu tun, doch wir haben gezeigt, dass wir auf einem guten Weg sind, dass die Commerzbank hält, was sie verspricht.

Den unangenehmen Teil, die Restrukturierung der Bank, haben wir in wesentlichen Teilen geschafft. Gut 90 Prozent des geplanten Abbaus von brutto 10 000 Vollzeitstellen haben wir bereits geregelt. Unser inländisches Filialnetz haben wir von ursprünglich 1 000 auf in diesem Jahr rund 400 reduziert. Das waren schmerzhafte, jedoch notwendige Einschnitte. Dank der konstruktiven Haltung aller Be- teiligten haben wir das auch unter den gegebenen Umständen gut hinbekommen. Eine Sache ist mir hier besonders wichtig: Die Restrukturierung war kein Selbstzweck. Natürlich mussten unsere Kosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau. Doch war die Restrukturierung vor allem auch strategisch wich- tig. Ziel war es, die Bank und ihr Geschäftsmodell zukunftsfest zu machen.

Wir bleiben einerseits, wofür Hamburger Kaufleute die Bank vor mehr als 150 Jahren gegründet haben: eine stark auf das klassische Geschäft mit Einlagen und Krediten fokussierte Bank, die fest im Mittelstand verankert ist und dessen Wachstum und den deutschen Außenhandel finanziert. Das ist der Kern unserer Identität.

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Dieses grundsolide, stabile Modell müssen wir in die Zukunft entwickeln, indem wir die großen, unauf- haltsamen Trends der Zeit aufgreifen und integrieren: Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Schauen wir zuerst auf das Thema Digitalisierung: Wir haben uns auf den Weg gemacht, die digitale Beratungsbank für Deutschland zu werden.

Zwei Leuchtturmprojekte stehen stellvertretend dafür:

1. unser neues Beratungscenter:

Seit November ist es im Geschäft mit Privat- und Unternehmerkunden mit insgesamt zwölf Standorten am Start. Man könnte sie auch digitale Filialen nennen, denn sie bieten mit ihren zusammen rund

1 000 Mitarbeitenden das komplette Beratungsspektrum einer Commerzbank-Filiale.

Für die Kundinnen und Kunden ist das bequem: Sie müssen nicht zur Filiale laufen und auf irgendwelche Öffnungszeiten achten. Sie können die Beratung für Anlagen oder Baufinanzierungen aus dem Wohn- zimmer heraus in Anspruch nehmen, auch zu Tagesrandzeiten und am Samstag. Besonders Unter- nehmerkunden freut das, deren eigene Geschäftszeiten oft nicht mit den Öffnungszeiten der normalen Filialen vereinbar sind.

Die Qualität der Beratung ist die gleiche wie in der Filiale, denn es sind qualifizierte Commerzbank- Beraterinnen und -Berater, mit denen die Kundinnen und Kunden per Telefon oder gern auch per Video sprechen.

Die Resonanz ist bisher sehr vielversprechend. Natürlich läuft noch nicht alles reibungslos. Doch ge- messen daran, dass unser Beratungscenter ein völlig neues Konzept ist, funktioniert es erstaunlich gut.

Jetzt geht es darum, sukzessive immer mehr Kundinnen und Kunden mit dem neuen Angebot ver- traut zu machen. Sie davon zu überzeugen, dass Beratung nicht unbedingt mit der Filiale verknüpft ist. Einen großen Teil der Anliegen, mit denen Menschen in die Filiale kommen, könnten sie einfacher, schneller und entspannter von zu Hause aus erledigen. Das gilt nicht nur für einfache Bankgeschäfte, sondern auch für kompliziertere Fragen. Auf persönliche Ansprache müssen sie dabei nicht verzich- ten. Die bekommen sie auch im Beratungscenter. Vom nachhaltigen Erfolg dieses Vertriebsformats sind wir inzwischen mehr denn je überzeugt.

2. Auch mit unserer Mittelstandsbank Direkt haben wir ein Ausrufezeichen gesetzt.

Es ist das erste echte Direktangebot für Unternehmen im deutschen Markt. Bei unseren Kunden haben wir damit offene Türen eingerannt. Mehr als 6 000 Firmenkunden nutzen inzwischen dieses kosteneffiziente Angebot, das gerade einmal gut zwölf Monate am Markt ist.

Sie sehen, die digitale Beratungsbank nimmt langsam Gestalt an. Schlüssel für ihren dauerhaften Erfolg sind eine weiterhin exzellente Beratung, guter Service und einfache digitale Prozesse. Und wenn es uns gelingt, immer mehr Kunden auf diese Plattformen zu holen, sehen wir hier auch große Ertragspotenziale.

Lassen Sie mich nun zur Nachhaltigkeit kommen:

Die stärkere Ausrichtung unseres Geschäfts an Nachhaltigkeitskriterien ist ebenfalls kein Selbst- zweck. Im vergangenen Jahr haben wir sie kräftig vorangetrieben. Wir machen das nicht nur, weil es unser eigener Anspruch als Unternehmen ist oder weil unsere Investoren das von uns erwarten oder weil es auch mein ganz persönlicher Anspruch ist. Wir machen es vor allem, weil unsere Kunden es brauchen:

Viele Unternehmen stehen unter Druck, ihre Geschäftsmodelle insbesondere nach ökologischen ­Kriterien neu auszurichten. Wir begleiten sie dabei.

Wir weiten dafür unsere eigene Beratungskompetenz im Nachhaltigkeitsbereich kontinuierlich aus. Zugleich konzentrieren wir uns darauf, unser Angebot an nachhaltigen Produkten weiter auszubauen. Zusätzlich haben wir zusammen mit unserer Innovationseinheit neosfer eine eigene Vermittlungs- plattform für nachhaltige Lösungen für Firmenkunden an den Start gebracht, die wir Impact-Solutions- Plattform nennen.

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Commerzbank AG published this content on 26 May 2023 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 26 May 2023 07:53:04 UTC.