Genf (awp) - Die Compagnie Financière Richemont veröffentlicht am Freitag, 12. November die Ergebnisse des ersten Halbjahres 2021/22 (bis Ende September). Insgesamt elf Analysten haben zum AWP-Konsens beigetragen:

H1 2021/22E
(in Mio EUR)           AWP-Konsens        H1 2020/21A   

Umsatz                     8674               5478   
- org. Wachstum (in %)     60,2              -25,0         
EBIT                       1496                452         
EBIT-Marge (in %)          17,3                8,3         
Reingewinn                 1175                159         

FOKUS: Die Richemont-Gruppe dürfte sich im ersten Halbjahr 2021/22 stark von den Corona-Belastungen des Vorjahres erholt haben. Damals hatten vorübergehende Schliessungen von Shops und Produktionsstätten sowie der Einbruch im wichtigen Geschäft mit Touristen die Umsätze unter Druck gesetzt. Mit der Nachfragebelebung in China und den USA ist die Luxusgüterbranche nun sogar auf gutem Weg, besser als vor der Coronakrise abzuschneiden. Dabei profitiert Richemont von der starken Performance im Schmuckgeschäft mit der Vorzeigemarke Cartier.

Die gute Entwicklung der Umsätze wird Analysten zufolge auch auf die Profitabilität durchschlagen und zu einer klaren Verbesserung der operativen Marge führen. Zuletzt hatten allerdings Gerüchte um den Einstieg der aktivistischen Investmentgesellschaft Third Point von Dan Loeb bei Richemont für Schlagzeilen gesorgt. Loeb soll laut Medienberichten auf Veränderungen drängen, die den Aktienkurs in die Höhe treiben sollen. In der Kritik steht etwa die E-Commerce-Plattform der Gruppe, die nach wie vor rote Zahlen schreibt.

ZIELE: Prognosen zum Geschäftsverlauf gibt Richemont in der Regel keine ab. Grundsätzlich sieht sich die Gruppe mit ihren Marken gut positioniert, um langfristig wachsen zu können, lautet die Perspektive.

PRO MEMORIA: Die Erholung von der Coronakrise hat sich bei Richemont bereits in den Umsatzzahlen des ersten Quartals (April-Juni) in aller Deutlichkeit gezeigt. Gegenüber dem Vorjahresquartal sind die Umsätze um 121 Prozent auf knapp 4,4 Milliarden Euro geklettert. Dabei erwies sich einmal mehr das Schmuckgeschäft mit einem Plus von 132 Prozent auf 2,5 Milliarden als Wachstumstreiber, während auch das Uhrengeschäft um starke 136 Prozent auf 849 Millionen zulegte.

Mit den Zahlen des ersten Quartal hat Richemont sogar die Werte von vor der Coronakrise übertroffen. In den Monaten April bis Juni 2019 wurden Produkte im Umfang von 3,7 Milliarden Euro verkauft. Auf das Schmucksegment war damals ein Umsatz von 1,8 Milliarden und auf das Uhrengeschäft von 823 Millionen Euro entfallen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Statistik zu den Schweizer Uhrenexporten. Die schnellten in den Monaten Januar bis September 2021 auf 16,1 Milliarden Franken hoch. Das waren knapp 41 Prozent mehr als im Vorjahr (11,4 Mrd) und 1 Prozent mehr als vor zwei Jahren (15,9 Mrd). Gut läuft das Geschäft am wichtigsten Markt China. Aber auch in andere Teile Asiens und vor allem nach Nordamerika werden deutlich mehr Uhren exportiert.

Zur Reden gab diese Woche der mögliche Einstieg des aktivistischen US-Hedgefonds Third Point bei Richemont. Laut Medienberichten soll die Gesellschaft des umstrittenen Investors Dan Loeb am Luxusgüterkonzern eine signifikante Beteiligung erworben haben. Third Point dränge nun gemeinsam mit dem bisherigen Aktionär Artisan Partners (Anteil rund 1,2%) auf Massnahmen, die zu einer Steigerung des Börsenwerts führen sollen. Kritik gibt es etwa vonseiten der Analysten zur E-Commerce-Strategie und dem Onlineportal Yoox Net-a-Porter, das nicht aus der Verlustzone kommt.

Ein weiterer Schritt zurück zu Normalität dürfte für die Hersteller von Luxusuhren im kommenden Frühling folgen. Denn am 30. März 2022 soll erstmals seit Ausbruch der Coronapandemie der Genfer Uhrensalon "Watches and Wonders" wieder seine Tore vor Ort öffnen und bis am 5. April dauern. Die beiden letzten Ausgaben fanden jeweils im Internet statt.

An der Generalversammlung vom 8. September wurden mit Jasmine Whitbread und Patrick Thomas zwei neue Mitglieder in den Verwaltungsrat von Richemont gewählt. Dagegen trat der frühere Finanzchef Gary Saage nicht mehr zur Wahl an. Darüber hinaus hatten Jan Rupert und Ruggero Magnoni bereits mitgeteilt, dass sie bei der übernächsten GV (2022) aus dem Verwaltungsrat zurücktreten werden.

Einen Umbruch hat Richemont in der Konzernleitung aufgegleist. Das Senior Executive Committee fokussiere sich künftig auf die strategische Ausrichtung, die Kapitalallokation, die Governance und die Bereitstellung zentraler und regionaler Funktionen, hiess es. Konkret sind Cartier-Chef Cyrille Vigneron und Van Cleef & Arpels-Chef Nicolas Bos aus der Geschäftsleitung ausgeschieden. Sie berichten aber weiterhin direkt an den VR-Präsidenten Johann Rupert.

Ebenfalls aus der Geschäftsleitung ausgetreten sind Philippe Fortunato (Chef von Fashion and Accessories), Emmanuel Perrin (Chef des Uhrengeschäfts) sowie Frank Vivier (Chief Transformation Officer). Sie bleiben dem CEO von Richemont Jérôme Lambert unterstellt. Nebst Lambert verbleiben Rupert und Finanzchef Burkhart Grund in der Geschäftsleitung.

AKTIENKURS: An der Börse haben die Richemont-Papiere nach dem Taucher des Vorjahres kräftig an Wert gewonnen und liegen seit Jahresbeginn mit über 50 Prozent im Plus. Auch gegenüber den Werten von vor zwei Jahren hat sich der Kurs nicht ganz verdoppelt. Zuletzt gaben an der Börse die Gerüchte um Third Point Richemont deutlich Auftrieb.

www.richemont.com

an/mk