Genf (awp) - Der Luxusgüterkonzern Richemont plant die Online-Verkaufsplattform Yoox Net-A-Porter (YNAP) ganz zu übernehmen. Richemont will so den in der Welt der Luxusuhren und des Schmucks immer wichtiger werdenden Online-Verkaufskanal für die eigenen "Maisons" stärken. Die Plattform steht in Zukunft weiterhin auch Drittanbietern offen und soll weiter ausgebaut werden.

Richemont offeriert für die an der italienischen Börse kotierte YNAP im Rahmen des öffentlichen Übernahmeangebots 38 EUR je Stammaktie, wie der Konzern am Montag mitteilte. Damit beläuft sich der Gegenwert der Transaktion auf rund 2,6 Mrd EUR. Dies könne Richemont problemlos aus der gut gefüllten Kasse bezahlen, meinen Analysten.

Am Freitag waren die YNAP-Papiere bei 30,26 EUR aus dem Handel gegangen und nun klettern sie bis um 10 Uhr um knapp 25% auf 37,68 EUR bis nahe an den offerierten Preis. Derweil verlieren die Richemont-Titel 1,6%. Händler erklärten sich die Kursverluste damit, dass Investoren zuletzt auf eine Veräusserung der Beteiligung und eine daraus resultierende Sonderdividende gehofft hätten.

RICHEMONT HOLT SICH NET-A-PORTER ZURÜCK

Mit der geplanten Übernahme holt sich Richemont die Onlineplattform zurück in die eigene Gruppe. Im Jahr 2015 hatte der Konzern die Tochter Net-a-Porter mit dem eigenständigen italienischen Internet-Kleiderhändler Yoox zur YNAP verschmolzen. Richemont beteiligte sich mit 50% an der neu geschaffenen Gesellschaft und zeigte sich bereit, Anteile davon an strategische Partner weiterzugeben.

Bis heute blieb Richemont aber Grossaktionär bei YNAP, mit einem Anteil von insgesamt 48,9% der Stamm- sowie der B-Aktien. Am stimmberechtigten Stammkapital allein, auf das sich das Übernahmeangebot bezieht, hält Richemont ein Viertel.

YNAP selber gibt für die Transaktion "grünes Licht". Der Verwaltungsrat habe nach Vorlage des Angebots beschlossen, die für Richemont geltende Stillhalteverpflichtung aufzuheben, schreibt das Unternehmen in einer eigenen Mitteilung. Im Aktionärsbindungsvertrag hatte sich Richemont dazu verpflichtet, ohne Zustimmung von YNAP keine weiteren Stammaktien des Unternehmens zu erwerben.

Darüber hinaus habe YNAP-CEO Federico Marchetti zugesagt, alle die von ihm gehaltenen YNAP-Aktien dem Angebot anzudienen. Marchetti besitzt knapp 4% am gesamten Kapital des Unternehmens.

ONLINE-PRÄSENZ STEIGERN

Mit der Vollübernahme von YNAP wolle Richemont die Präsenz im digitalen Vertrieb, der für die Branche ein besondere Bedeutung gewonnen habe, stärken, wird Richemont-Chef Johann Rupert in der Mitteilung zitiert. Das bestehende Management von YNAP unter der Leitung von Federico Marchetti werde man bei der Umsetzung ihrer Strategie unterstützen und das Wachstum des Unternehmens weiter beschleunigen.

Rupert zeigt sich "sehr zufrieden" mit den Ergebnissen, die das YNAP-Management erzielt hat. Das Geschäft soll künftig in bestehenden und neuen Regionen ausgebaut und die Produktpalette vergrössert werden. Dabei werde YNAP im Richemont-Konzern weiterhin als eigenständiges Unternehmen operieren und auch eine neutrale Online-Plattform für Drittanbieter bleiben.

Federico Marchetti begrüsst seinerseits das "vollständige" Zusammengehen mit Richemont. Yoox habe noch zu Zeiten des IPO im Jahr 2009 einen Umsatz von rund 150 Mio EUR erzielt und habe diesen bis heute auf über 2 Mrd EUR gesteigert. "Innovationen zum Nutzen unserer Kunden zu erarbeiten, waren schon immer meine Motivation. Und das wird auch in den kommenden Jahren so bleiben", verspricht Marchetti.

NACHVOLLZIEHBARE ÜBERNAHME

Die Übernahme von YNAP sei mit Blick auf die zunehmende Bedeutung des Vertriebs über das Internet in der Branche ein nachvollziehbarer Schritt, schreibt Patrik Schwendimann von der ZKB. Auch wenn das Portal für Drittanbieter offen bleibe, gehe Richemont das Risiko ein, dass solche Kunden auf absehbare Zeit verloren gehen könnten.

Kepler-Experte Marco Baccaglio rät derweil den YNAP-Anlegern dazu, das Angebot anzunehmen. Es liege nicht nur deutlich über dem Kursniveau vom Freitag, sondern auch über seinem bisherigen Kursziel von 31 EUR. Der Analyst rechnet zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht mit einem Gegengebot eines anderen Unternehmens.

mk/ra