Zürich (awp) - Trotz der milliardenteuren Grosspannen der Credit Suisse in den vergangenen Monaten ist die Generalversammlung der Bank am Freitag nach Plan abgelaufen. Die Aktionäre bestimmten António Horta-Osório zum neuen Verwaltungsratspräsidenten und wählten auch alle weiteren vorgeschlagenen Kandidaten in den Verwaltungsrat.

Zur Reduktion des Konfliktpotenzials trug sicherlich bei, dass die Generalversammlung Corona-bedingt ohne Anwesenheit der Aktionäre stattfand und Wortmeldungen von Nicht-Anwesenden nicht möglich waren. Heikle Themen wie die Décharge für Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sowie die Boni für die Konzernleitung waren zudem nach der Archegos-Pleite von der Traktandenliste gestrichen worden.

Rückzug in letzter Minute

Kurz vor der GV gab zudem Andreas Gottschling den Rückzug seiner Kandidatur für den Verwaltungsrat bekannt, womit auch dieses Traktandum entschärft wurde. Gottschling war als Vorsitzender des Risikoausschusses stark in die Kritik geraten. Verschiedene Aktionärsgruppen hatten im Vorfeld angekündigt, ihm die Wiederwahl zu verweigern.

Der neue "Hoffnungsträger" Horta-Osório wurde von den Aktionären mit 96,4 Prozent der Stimmen gewählt. Etwas weniger glanzvoll waren die Resultate der erneut kandierenden respektive ebenfalls neu antretenden Mitglieder des Verwaltungsrats: Sie erhielten zwischen 73 bis 91 Prozent der Aktionärsstimmen. Der erneut antretende Vizepräsident, Roche-CEO Severin Schwan, kam auf eine Zustimmung von knapp 84 Prozent.

Kulturwandel

Der neue Verwaltungsratspräsident Horta-Osório versprach den Aktionären angesichts der Debakel um den US-Hedgefonds Archegos und um die "Greensill"-Anlagefonds einen Kulturwandel: Er wolle eine Kultur fördern, die das Risikomanagement stärke, die richtigen Anreize setze und auf persönliche Verantwortung fokussiere, sagte er in einer Ansprache nach seiner Wahl. Vor der CS lägen aber noch "schwierige Zeiten und harte Entscheidungen".

Der Portugiese, der von der britischen Grossbank Lloyds auf den CS-Präsidentenstuhl wechselt, stellte sich zudem hinter CEO Thomas Gottstein. "Thomas Gottstein hat das Vertrauen des Verwaltungsrats, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm und den weiteren Geschäftsleitungsmitgliedern", erklärte er.

Bedauern von Rohner

Gottstein bezeichnet den Verlust im Zusammenhang mit dem US-Hedgefonds in seiner Rede einmal mehr als "inakzeptabel". "Ich bin überzeugt, dass wir die richtigen Schlüsse ziehen werden mit dem Ziel, dass solche Ereignisse nie wieder vorkommen." Die Bank sei aber während der Aufarbeitung der Probleme weiterhin gut aufgestellt, betonte er.

Der abtretende CS-Präsident Urs Rohner entschuldigte sich in seinen Abschiedsworten für die Pannen. "Wir haben Kunden und Aktionäre enttäuscht und dies nicht zum ersten Mal", sagte er. Nicht zuletzt bekämen die CS-Mitarbeitenden die Folgen zu spüren, bedauerte Rohner: "Sie sind enttäuscht und wütend, und ich bin es auch."

Gekürzte Dividende

Der Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos kostet die CS nach bisherigen Erkenntnissen rund 5 Milliarden Franken. Die Grossbank hat deswegen im ersten Quartal rote Zahlen geschrieben und nahm über eine Wandelanleihe neues Kapital auf. Negative Schlagzeilen schreibt die Bank zudem wegen der mit der inzwischen insolventen Greensill Capital erstellten "Lieferketten-Finanzierungsfonds", bei denen Fondsinvestoren hohe Ausfälle drohen.

Die Folgen des Archegos-Debakels bekommen die Aktionäre direkt über eine Kürzung der Dividende auf 0,10 Fr. statt der ursprünglich vorgesehenen 0,2926 Fr. zu spüren. An der Generalversammlung hiessen sie den Dividendenantrag dennoch mit gut 92 Prozent der Stimmen gut und erteilten damit zwei Gegenanträgen eine Absage.

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