Zürich/New York (awp/awp/sda/reu) - Nach dem Rekordjahr 2020 rechnet Credit Suisse auch in den ersten Monaten des laufenden Jahres mit einem boomenden Geschäft mit Börsengängen. "In allen Regionen ist die Aktivität enorm", sagte Credit-Suisse-Manager David Hermer in einem am Montag veröffentlichten Interview mit Blick auf die IPO-Pipeline der Schweizer Grossbank.

2020 seien die ersten drei Monate des Jahres ruhig verlaufen. "2021 ist das ganz anders." Trotz konjunkturellen Gegenwindes und der weltweiten Coronavirus-Pandemie notierten viele Börsen auf Rekordständen und die Anleger seien bereit, Risiken einzugehen. "Wir wissen nicht, wie lange das anhält, aber solange es so ist, werden immer wieder Unternehmen auf den Markt kommen."

Rund um den Globus sammelten Firmen im vergangenen Jahr nach Angaben des Datenanbieters Dealogic mit Börsengängen 318 Milliarden Dollar ein. Dabei entfiel knapp die Hälfte auf Amerika. Auch in Asien florierte das Geschäft mit Neuemissionen, während Europa den niedrigsten Wert seit einem Jahrzehnt markierte. Zu den bekanntesten US-Neuzugängen auf den Kurstafeln der Börsen zählte der Zimmervermittler Airbnb, dessen Titel sich am ersten Handelstag mehr als verdoppelten.

Auch 2021 beginnt vielversprechend. In der laufenden Woche stehen an der Wall Street mindestens acht traditionelle Börsengäng an. Es sei zwar schwer vorstellbar, dass der Gesamtmarkt und auch Credit Suisse die Vorjahresvolumen 2021 übertreffen werde, sagte Hermer, der das weltweite Kapitalmarktgeschäft des Instituts leitet. Angesichts der Pipeline seien aber in allen Regionen mehr Emissionen als im Vorjahr möglich. In Asien dürften vor allem die Platzierungen ausserhalb Chinas anziehen. "In der Region Europa, Naher Osten und Afrika sieht die Pipeline zumindest in der ersten Hälfte 2021 besonders stark aus."

Der Dealogic-Rangliste zufolge verbesserte sich Credit Suisse beim weltweiten IPO-Transaktionsvolumen 2020 auf den ersten vom sechsten Platz und verwies damit die US-Häuser Goldman Sachs und Citi auf die Plätze. Befeuerte von den Börsengängen kletterten die Erträge der Bank mit Aktien-Platzierungen (Equity Capital Markets) allein in den ersten neun Monaten 2020 um 84 Prozent auf 771 Millionen Dollar.

CEO Gottstein hilft

Hauptreiber des Erfolgs der CS bei IPOs war das Amerika-Geschäft. Davon wiederum entfiel rund die Hälfte des Volumens auf sogenannte SPACs (Special Purpose Acquisition Vehicles), die 2020 einen beispiellosen Höhenflug erlebten. SPACs sammeln mit einem Börsengang Geld ein und gehen erst danach auf die Suche nach einem Unternehmen, das sie mit dem Erlös kaufen können. Bei SPAC-Transaktionen sei die Credit Suisse mit einem Marktanteil von 20 Prozent führend, sagte Hermer. "Es ist ein Produkt, in das wir investiert haben, als es nur wenige andere anfassen wollten." Nehme man den Januar als Gradmesser, könnte das Emissionstempo im SPAC-Markt im Vergleich zu 2020 noch weiter zulegen, so der Manager.

Hermer nennt noch einen weiteren Grund, wieso Credit Suisse bei IPOs 2020 gut abschnitt: Konzernchef Thomas Gottstein. Gottstein, der früher selbst im Kapitalmarktgeschäft tätig war und im Februar den Spitzenposten als Bank-Chef übernahm, helfe, Kunden anzugehen und Mandate zu holen. "Es ist also wahrscheinlich kein Zufall, dass wir in dem Jahr erstmals seit 2007 weltweit führend bei IPOs sind, in dem einer unserer Ex-Kollegen CEO wurde."