Zürich (awp) - Die Credit Suisse kann ihr Kapital aufstocken. Die Aktionäre haben der Beschaffung von rund 4 Milliarden Franken durch die Ausgabe neuer Aktien sowie dem Einstieg der Saudi National Bank als neuer Grossaktionärin zugestimmt. Die angeschlagene Grossbank steckt aber auch weiterhin tief in den roten Zahlen und muss nun auch hohe Geldabflüsse vermelden.

Die Credit-Suisse-Aktionäre hatten am Mittwoch an einer ausserordentlichen Generalversammlung gleich zwei Kapitalerhöhungen zuzustimmen. Mit einem Ja-Stimmen-Anteil von knapp 92 Prozent genehmigten sie eine Kapitalerhöhung in Form einer Privatplatzierung an die Saudi National Bank (SNB) und einige weitere "qualifizierte Investoren". Diese soll brutto bis zu 1,77 Milliarden Franken einbringen.

Die Saudi National Bank hatte bereits im Oktober angekündigt, sich bei der Credit Suisse mit bis zu 1,5 Milliarden Franken zu engagieren. Sie strebt bei der Schweizer Grossbank einen Aktienanteil von 9,9 Prozent an. Die CS hat mit der saudischen Investmentgesellschaft Olayan und der Qatar Investment Authority (QIA) bereits zwei weitere gewichtige Aktionäre aus dem Nahen Osten.

Bezugsrechte

Mit einer noch klareren Zustimmung von gut 98 Prozent genehmigte die Generalversammlung eine zweite Kapitalerhöhung mit einem Bruttoerlös von mindestens 2,24 Milliarden Franken. Bei dieser erhalten die bestehenden Aktionäre Bezugsrechte für den Kauf neuer CS-Aktien, wobei der Kaufpreis pro Aktie bei 2,52 Franken erwartet wird. Die genauen Bedingungen sollen am (morgigen) Donnerstag bekanntgegeben werden.

Die Credit Suisse benötigt das neue Kapital zur Finanzierung ihrer Ende Oktober angekündigten tiefgreifenden Restrukturierung. Dabei will sie unter anderem ihre verlustträchtige Investment Bank (IB) deutlich verkleinern, wobei Teile dieses Geschäfts verkauft respektive ausgelagert werden. Die Kostenbasis soll durch den Abbau von 9000 der ursprünglich rund 52'000 Stellen deutlich verringert werden. Bis 2024 rechnet die Bank mit Restrukturierungskosten und Abschreibern in Höhe von 2,9 Milliarden Franken.

Neuer Milliardenverlust

Gleichzeitig steckt die Bank weiter tief in den roten Zahlen. Am Mittwochmorgen kündigte sie für das vierte Quartal einen Vorsteuerverlust von bis zu 1,5 Milliarden Franken an, womit ihr für das Gesamtjahr 2022 ein Verlust vor Steuern von 3,4 Milliarden Franken drohen würde. Die CS hatte bereits das von den Grosspannen um den Hedgefonds Archegos und die Greensill-Fonds geprägte Jahr 2021 mit einem hohen Verlust abgeschlossen.

Die Bank kämpft zudem mit hohen Geldabflüssen ihrer Kunden: Von Anfang Oktober bis zum 11. November flossen gruppenweit netto rund 6 Prozent der verwalteten Vermögen ab, im eigentlichen Vermögensverwaltungsgeschäft waren es gar rund 10 Prozent. Stabilisiert habe sich die Situation in der Schweizer Bank, wo die Kundenguthaben rund 1 Prozent zurückgegangen seien, hiess es.

Lehmann sieht Fortschritte

Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann zeigte sich am Mittwoch in einer Videobotschaft an die Aktionäre dennoch betont zuversichtlich. Das Abstimmungsergebnis der ausserordentlichen Generalversammlung bestätige das Vertrauen in die im Oktober vorgestellte Strategie, erklärte er. Die Bank habe in den letzten Wochen auch Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie gemacht, gab er sich überzeugt.

Keine Stellung bezog er allerdings zu der von verschiedener Seite geäusserte Kritik am Einstieg der Saudi National Bank vor allem wegen ethischer Bedenken. So hatten sich die Vertreter der Anlegervereinigungen Actares und Ethos in den Medien gegen den neuen Ankeraktionär ausgesprochen. Vorab eingereichte Fragen von Aktionärsseite seien nur direkt beantwortet worden, sagte eine CS-Sprecherin auf Anfrage.

Der Aktienkurs der Credit Suisse gab am Mittwoch 6,1 Prozent auf 3,62 Franken nach. Analysten gaben sich erstaunt über den massiven Verlust im vierten Quartal und zeigten sich wegen der Vermögensabflüsse besorgt.

tp/rw