Zürich (awp) - Die Credit Suisse will offenbar erste Versicherungsansprüche für die milliardenschweren Ausfälle aus den "Greensill-Fonds" einfordern. Im Zentrum steht dabei die japanische Versicherungsgruppe Tokio Marine, wie die "Financial Times" am Mittwoch unter Berufung auf involvierte Personen schreibt.

Mit dem Einfordern der Versicherungsansprüche werde nun die Versicherungsdeckung der Fonds auf die Probe gestellt, die ein integraler Teil des Geschäftsmodell der mit Greensill Capital erstellten "Lieferketten-Finanzierungsfonds" war, schreibt die FT. Eine CS-Sprecherin wollte den FT-Bericht am Mittwoch auf AWP-Anfrage nicht weiter kommentieren. Die Grossbank hatte Anfang März mitgeteilt, die Greensill-Fonds mit einem Volumen von rund 10 Milliarden Dollar abzuwickeln.

Der Versicherer Tokio Marine hatte im März die Gültigkeit der Versicherungsdeckung in Frage gestellt. nachdem die deutsche Finanzaufsichtsbehörde eine Klage gegen das Management der deutschen Greensill-Tochter Greensill Bank eingeleitet hatte.

Ansprüche der CS

Die Versicherungsdeckungen für die Handelsfinanzierungen wurden von Greensill abgeschlossen, allerdings habe die CS die Prämien bezahlt und habe Ansprüche auf die Entschädigungen, erklärten Insider gegenüber der FT. Auch der Insolvenzverwalter der Greensill Capital, Grant Thornton, sei in die Einreichung der Versicherungsforderungen involviert.

Die ersten Ansprüche stünden noch nicht in Zusammenhang mit den drei grössten Schuldnern der Fonds, heisst es in dem FT-Bericht weiter. Gegen das Stahlkonglomerat GSG Alliance des Industriellen Sanjeev Gupta, das US-Kohleunternehmen Bluestone Resources und das inzwischen in Nachlassstundung befindliche US-Bauunternehmen Katerra haben die mit Greensill Capital erstellten "Lieferketten-Finanzierungsfonds" Forderungen von insgesamt 2,3 Milliarden Dollar.

Tokio Marine erklärte derweil laut FT, dass der Versicherer grundsätzlich keine Stellung zu den Beziehungen zu einzelnen Versicherungsnehmern beziehe. Allerdings erwarte das Unternehmen keinen materiellen Einfluss des Greensill-Zusammenbruchs auf das laufende Geschäftsjahr 2021 und die kommenden Geschäftsjahre.

Derweil bereitet die CS laut früheren Medienberichten eine Klage gegen die japanische Investmentgruppe Softbank vor. Dabei geht es um Millionenschulden des US-Bauunternehmens Katerra, bei dem die Softbank eine der Hauptinvestoren ist. Die Klage laufe parallel zu den Versicherungsansprüchen.

Weitere Auszahlung erwartet

Die CS-"Lieferketten-Finanzierungs-Fonds" investierten in Forderungen von Zulieferern an Unternehmen: Statt auf die Bezahlung durch das Unternehmen zu warten, verkauften die Lieferanten die Forderung mit einem Abschlag an die Gesellschaft Greensill Capital, die diese Forderungen in die Anlagenfonds einbrachte.

Die Grossbank hat bisher rund 4,8 Milliarden Dollar an die Investoren in die vier Lieferketten-Finanzierungsfonds zurückgezahlt. Am 25. Mai hatte sie gemeldet, dass sie insgesamt 5,9 Milliarden Dollar und damit mehr als die Hälfte der Fondsvermögen zum Zeitpunkt der Einstellung eingesammelt habe.

Eine weitere Auszahlung an die Fondsinvestoren hatte die Grossbank damals für Ende Mai oder Anfang Juni in Aussicht gestellt. Warum diese bisher noch nicht erfolgt ist, wollte die CS-Sprecherin nicht weiter kommentieren.

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