Von Ulrike Dauer

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Aktien von Curevac werden am Donnerstag abgestraft, nachdem der Covid-19-Impfstoffkandidat des Tübinger Biopharmaziekonzerns sich in einer internationalen Studie als zu wenig wirksam erwiesen hat. Die Bundesregierung hatte den mRNA-basierten Impfstoff ursprünglich für ihre Impfkampagne eingeplant, die Chemiekonzerne Bayer und Wacker Chemie wollten jeweils den Covid-19-Impfstoff für Curevac produzieren und haben dafür bereits Kapazitäten eingeplant.

Am frühen Donnerstagnachmittag notierte die Curevac-Aktie in Frankfurt 48 Prozent im Minus. In den USA, dem Haupthandelsort für die Curevac-Aktie, hatte die Aktie am Mittwoch nachbörslich um 50 Prozent nachgegeben, nachdem das Unternehmen die enttäuschenden Ergebnisse der Studie veröffentlicht hatte. Wacker Chemie notiert aktuell ebenfalls im Minus, um 4,5 Prozent, die Bayer-Aktie weist ein Plus von 0,2 Prozent auf.

Der Impfstoff erreichte in einer Zwischenanalyse einer zulassungsrelevanten klinischen Studie mit 40.000 Probanden nur eine Wirksamkeit von 47 Prozent gegen Covid-19-Erkrankungen jeglichen Schweregrades und erfüllte damit nicht die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien, wie Curevac am späten Mittwochabend mitteilte.

Das Mittel war wirksam bei jüngeren Studienteilnehmern, jedoch konnten bei Über-Sechzigjährigen keine Rückschlüsse auf die Wirksamkeit gezogen werden. In der Studie wurden mindestens 13 Virus-Varianten getestet, was zu den enttäuschenden Ergebnissen Curevac zufolge beigetragen haben könnte. Die Studie hatte Curevac zusammen mit Bayer durchgeführt.

"Ungeachtet der verschiedenen Covid-19-Varianten in der Studie erfüllt die Wirksamkeit des Impfstoffs von 47 Prozent nicht die statistischen Erfolgskriterien", so die Analysten von Jefferies. Sie weisen darauf hin, dass das Ergebnis von Curevac weit unter dem des experimentellen Impfstoffs der Novavax Inc liegt, der in einer kürzlich durchgeführten großen klinischen Studie eine Wirksamkeit von 90,4 Prozent bei der Verhinderung einer symptomatischen Erkrankung bei Erwachsenen erzielte. Die Berenberg-Analysten nannten die geringe Wirksamkeit "enttäuschend", auch könne die Annahme in der Bevölkerung deshalb geringer sein. Noch sei aber nicht jegliche Hoffnung für eine Zulassung verloren.


   Nachricht ungünstig für Länder mit Impfrückstand. 

Die Nachricht kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt für Länder, die gehofft hatten, den Impfrückstand mit Hilfe von Curevac aufzuholen. Die Bundesregierung, die über die KfW 16 Prozent an Curevac hält, plant für die laufende Impfkampagne im zweiten Quartal wegen der ausstehenden Genehmigung keinen Curevac-Impfstoff ein. Ursprünglich sollten aber im zweiten Quartal 1,4 Millionen Dosen Curevac-Impfstoff geliefert werden. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sagte am Donnerstag, er sehe trotz der Probleme bei der Markteinführung des Corona-Impfstoffs von Curevac keine Engpässe auf Deutschland für das geplante Impfangebot zukommen. Es bleibe bei dem Versprechen eines Impfangebots an alle Bürger bis Ende September, und es sei auch viel Impfstoff für nötige Auffrischungen bestellt worden, sagte Braun dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält einen Einsatz des Curevac-Impfstoffs in Deutschland nun nicht mehr für möglich. "Die Bürger wollen zunehmend die wirksamsten Impfstoffe von Biontech und Moderna. Selbst der Astrazeneca-Impfstoff wird zunehmend zum Ladenhüter. Curevac wird bei der Delta-Variante wahrscheinlich noch schwächer sein, somit keine Rolle mehr spielen", sagte Lauterbach der Rheinischen Post. Für die Impfkampagne in Deutschland bedeute der Wegfall von Curevac und die geringere Liefermenge von Biontech, "dass wir erst Mitte September Herdenimmunität erreichen können".

Curevac hat Partnerschaften mit Bayer, Wacker Chemie, Glaxosmithkline und Novartis für die Herstellung des Impfstoffs sowie einen Vertrag mit der EU-Kommission für die Lieferung von bis zu 405 Millionen Dosen.

Bayer wollte den Covid-19-Impfstoff ab Ende des Jahres für Curevac in Wuppertal produzieren. Eine Lieferung von 160 Millionen Dosen war für 2022 vereinbart. Eine Bayer-Sprecherin sagte, der Konzern werde seine Unterstützung für Curevac fortsetzen, die finalen Ergebnisse der Studie stünden noch aus. Ein Sprecher von Wacker Chemie wollte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern. Auch Wacker Chemie will für Curevac Impfstoff produzieren und nach früheren Aussagen die Produktion beginnen, sobald er zugelassen ist. Am Wacker-Standort in Amsterdam können pro Jahr mehr als 100 Millionen Dosen hergestellt werden. Nach den ursprünglichen Planungen sollte die Produktion im ersten Halbjahr 2021 starten.

(Mitarbeit: Olaf Ridder)

Kontakt zur Autorin: ulrike.dauer@wsj.com; @UlrikeDauer_

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June 17, 2021 07:57 ET (11:57 GMT)