Von Stephen Wilmot

NEW YORK (Dow Jones)--Es ist generell erfreulich, wenn zu einem Konzern das größte Lkw-Geschäft der Welt gehört. Der Automobilriese Daimler gab den Investoren zuletzt einen Ausblick darauf, wie seine Lkw-Sparte aussieht, wenn er sie zum Jahresende in die Selbstständigkeit entlässt. Daimler Trucks, dessen Kronjuwel die US-Marke Freightliner ist, hat den klaren Auftrag, seine unterdurchschnittlichen Margen zu verbessern, insbesondere in Europa. Diese Aufgabe wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Es wird für das Management auch schwieriger, sich davor zu drücken, sobald das Unternehmen seine vollständigen Finanzzahlen nach Regionen aufschlüsselt und eine eigene Aktie hat.

Die Rechnung, die hinter der Abspaltung und dem Kauf von Daimler-Aktien durch Investoren steht, ist einfach. Wenn die Börsenbewertung von BMW auf Mercedes-Benz und die des schwedischen Lkw-Herstellers Volvo auf Daimler Trucks angewendet wird, erhält man einen viel höheren Multiplikator, als der, zu dem Daimler heute gehandelt wird. Selbst wenn Analysten einen Abschlag von 10 Prozent auf Daimler Trucks ansetzen, um die niedrigeren Margen zu berücksichtigen, errechnet das Brokerhaus Jefferies einen Aktienkurs von 95 Euro. Zum Vergleich: Aktuell wird die Aktie von Daimler mit 75 Euro bewertet. Wenn die Margen - wie versprochen - zunehmen, wird es weitere Gewinne geben.


   Hoffen auf Infrastruktur-Programm von US-Präsident Joe Biden 

Es gibt zwei Knackpunkte. Zum einen basiert diese Rechnung zum Teil auf dem zulegenden Aktienkurs von Volvo, der das Ergebnis eines ungewöhnlich fruchtbaren Umfelds für Lkw-Verkäufe ist. Die Nachfrage nach Haushaltswaren erholte sich nach der Pandemie im vergangenen Jahr schneller als von den meisten erwartet, was zu weithin dokumentierten Engpässen in den Lieferketten führte. So entwickelten sich Lkw-Kunden von Daimler als Hauptnutznießer des angespannten Logistikmarktes.

Volle Auftragsbücher sind beruhigend, aber im berüchtigten zyklischen Lkw-Markt ist es klug, davon auszugehen, dass sich das operative Umfeld von hier aus weiter verschlechtert. Frischer Schub könnte von den Ausgabenplänen der Biden-Administration kommen. Das Unternehmen hofft, dass sein neuer Western-Star-49X-Off-Highway-Truck von einem Infrastruktur-Boom profitieren wird.


   Investition in zwei Antriebssysteme ist teuer 

Die längerfristige Sorge ist, wie im Automarkt, die Kombination aus neuen Vorschriften und Technologien. Daimler setzt sowohl auf batterieelektrische Lkw als auch auf Wasserstoff-Brennstoffzellen, um seine Kohlenstoffemissionen im Einklang mit den verschärften Zielen der Europäischen Union für 2025 und 2030 zu reduzieren. Die Investition in zwei neuartige Antriebssysteme wird aber teuer.

Die gute Nachricht lautet, dass Daimler und andere etablierte Lkw-Hersteller im Moment noch die Technologien dominieren und relativ frei von Neulingen sind, die den Markt aufmischen. Nikola, der Möchtegern-Tesla der Lkw-Branche und ehemalige Börsenstar etwa, stellt keine offensichtliche Bedrohung dar. Die Dekarbonisierung wird wahrscheinlich ein größeres Problem werden, wenn die gesetzlichen Fristen in ein paar Jahren näher rücken. Laut einer Analyse von Morgan Stanley haben europäische Abspaltungen in der Vergangenheit Investoren Geld eingebracht, insbesondere vor ihrem Abschluss. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es bei Daimler Trucks anders sein wird.

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May 21, 2021 03:16 ET (07:16 GMT)