Von Stephen Wilmot

LONDON (Dow Jones)--Die Umstellung des Geschäftsmodells von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe ist nicht nur kompliziert für traditionelle Autoproduzenten wie Ford und General Motors. Für Hersteller schwerer Lastkraftwagen ist die Zukunft noch schwerer zu gewinnen.

Während die meisten Pkw-Hersteller dem US-Pionier Tesla inzwischen auf das Feld der batterieelektrischen Antriebstechnik gefolgt sind, haben es ihre Kollegen aus der Lkw-Branche noch mit ganz anderen Herausforderungen zu tun. Neben Batterien gibt es da die Wasserstoff-Brennstoffzellen, und auch Verbrenner auf Basis von Wasserstoff sind für die Zukunft eine ernstzunehmende Option. Martin Daum, Vorstandschef der Freightliner-Mutter Daimler Truck, wies dieser Tage darauf hin, dass die Branche den Einstieg in die neuen Technologien ohne zusätzliche Fahrzeugverkäufe finanzieren muss.

Anlass dafür war die Pressekonferenz, auf der die geplante Fusion der japanischen Lkw-Marke Fuso von Daimler mit dem von Toyota kontrollierten lokalen Wettbewerber Hino vorgestellt wurde. Die Beteiligten sprachen dort ausgiebig über die Notwendigkeit Ressourcen zu bündeln. Bis auf den Vertrieb werden Fuso und Hino alle Bereiche zusammenlegen, zusätzlich wollen Daimler Truck und Toyota auch bei Zukunftstechnologien, insbesondere bei Wasserstoff, zusammenarbeiten.

Der Deal könnte eine generelle Warnung an Investoren sein, dass der technologische Wandel für die Lkw-Hersteller teurer werden wird. In der Branche beginnt gerade erst der Hochlauf in der Produktion von Elektromodellen, die auf der Batterietechnologie der Pkw-Branche basieren. Die enormen Summen, die die Autokonzerne in die Batteriefabriken stecken, um ihre Kapazitäten zu steigern, sind nur ein Vorgeschmack auf das, was Lkw-Herstellern noch blühen dürfte.

Noch ist der Absatz von Elektro-Lastern sehr gering. Bis Februar hatte etwa Vorreiter Volvo seit dem Produktionsstart im Jahr 2019 nur etwa 4.300 E-Lkw verkauft. Dabei muss der Absatz massiv steigen, um die aggressiven Vorgaben der Regulierer zu erreichen. In Kalifornien zum Beispiel müssen die Hersteller bestimmte Quoten an emissionsfreien Fahrzeugen erfüllen, beginnend mit ehrgeizigen 9 Prozent für das Modelljahr 2024.

Die Batterietechnologie eignet sich gut für mittelschwere Lkw, die Güter über kürzere Entfernungen transportieren. Für die Langstrecke sehen die führenden Lkw-Hersteller nach wie vor nur Wasserstoff als gangbare Alternative. Um etwa mehr als 1.000 Kilometer zurückzulegen, bräuchten Lkw entweder große Mengen teurer, schwerer Batterien oder müssten lange Ladepausen in Kauf nehmen. Dies aber ist gleichbedeutend mit Ausfallzeiten und würde die Spediteure Geld kosten. Der Reiz von Wasserstoff besteht darin, dass er leicht ist, und ein Lkw in 10 bis 15 Minuten aufgetankt werden kann.

Nicht zuletzt die fast verschämte Einführung der batterielektrischen Tesla-Semi-Sattelzugmaschine hat die Notwendigkeit unterstrichen, dass die Branche noch etwas anderes benötigt als Akkus und Elektromotoren, um den Wandel zu schaffen. Tesla erklärte im April, dass es sich bei der Semi-Fertigung noch um eine "Pilotproduktion" handele. Trotz der als branchenführend angepriesenen Reichweite von 500 Meilen sind die Spezifikationen im Detail noch nicht bekannt. Erstkunde PepsiCo scheint die Zugmaschine vornehmlich für den Transport von sehr leichten Ladungen wie Tüten mit Kartoffelchips zu nutzen. Das zeigt, welchen Grenzen die Batterietechnologie im Lkw-Bereich noch unterliegt.

Aber auch die Wasserstoff-Technologie wird in der Praxis seit langem durch Schwächen gebremst, vor allem in der Tankinfrastruktur. Eines der Kooperationsziele zwischen Toyota und Daimler ist es deshalb, einen Standard für die Betankung zu schaffen, damit die Technologie nicht zu einem Rohrkrepierer wird. Wasserstoff wird in der Regel als Druckgas in Rohrleitungen transportiert, aber einige Firmen sehen längerfristig Potenzial in der Verflüssigung von Wasserstoff bei sehr niedrigen Temperaturen.

Sowohl Daimler als auch Volvo testen derzeit Wasserstoff-Lkw, damit sie in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts mit der Massenproduktion beginnen können. Vermutlich wird sich die Tankinfrastruktur bis dahin verbessert haben: Die Europäische Union hat sich vor kurzem das Ziel gesetzt, bis 2031 entlang der wichtigsten Fernverkehrsstraßen im Abstand von 200 Kilometern Wasserstofftankstellen zu errichten.

Die Lkw-Ladeinfrastruktur könnte sich auch als Joker für das Pkw-Geschäft erweisen. "Warum sollte man das nur den schweren Lkw überlassen", fragt BMW-Manager Thomas Becker mit Blick auf Wasserstoffautos seit kurzem wieder. Zuvor hatte der Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit und Mobilität bei dem Münchner Autokonzern das Potenzial eher kleingeredet.

Ganz gleich, welche Richtung die Lkw-Hersteller bei der noch mehrspurigen Antriebstechnologie am Ende einschlagen werden - teuer wird der Weg in jedem Fall. Für große Lastkraftwagen steckt der schwierige Technologiewechsel noch in den Kinderschuhen.

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June 02, 2023 04:36 ET (08:36 GMT)