Seoul/München (Reuters) - Der Essenslieferdienst Delivery Hero muss sich für eine milliardenschwere Übernahme in Südkorea von seiner eigenen Tochter in dem asiatischen Land trennen.

Die Wettbewerbsbehörde in Seoul verlangt von Delivery Hero den Verkauf von Yogiyo, der Nummer zwei unter den Essenslieferanten in Südkorea. Sonst drohe mit der 3,6 Milliarden Euro schweren Übernahme von Marktführer Woowa durch Delivery Hero ein Quasi-Monopol, begründete die Korea Fair Trade Commission (KFTC) die Entscheidung am Montag. Der Gründer und Chef des Berliner Unternehmens, Niklas Östberg, hatte sich lange gegen die Auflage gewehrt, lenkte nun aber ein. Die Genehmigung sei eine "großartige Neuigkeit" für die gesamte Branche, auch wenn er "zutiefst betrübt" über den Verkauf von Yogiyo sei.

Südkorea gilt mit einem Umsatz von 15,4 Milliarden Dollar im Jahr und einem Wachstum von 40 Prozent als drittgrößter Markt für Essenslieferdienste weltweit. Die hohe Bevölkerungsdichte und eine steigende Zahl an Single-Haushalten machen ihn für die Anbieter attraktiv.

An der Börse herrschte großes Aufatmen über die Genehmigung, die sich mehr als ein Jahr hingezogen hatte. Die mittlerweile in den Leitindex Dax aufgestiegene Aktie sprang um mehr als sieben Prozent auf 127,30 Euro. Das könnte sich auch auf die Finanzierung der Übernahme auswirken. Denn als Delivery Hero und die bisherigen Eigentümer von Woowa Brothers die Übernahme Mitte Dezember 2019 vereinbarten, lag die Aktie bei knapp 50 Euro. Damals hieß es, Delivery Hero werde 1,7 Milliarden Euro in bar zahlen, den Rest in 40 Millionen eigenen Aktien. Das Verhältnis könne sich infolge des Kurssprungs noch ändern, sagte eine Sprecherin. Delivery Hero erwartet, dass die Übernahme bis Ende März in trockenen Tüchern ist.

Für den Verkauf der eigenen Landesgesellschaft in Südkorea hat das Unternehmen mindestens sechs Monate Zeit - von dem Tag an gerechnet, an dem der offizielle Bescheid der KFTC eingeht. Ab sofort darf Delivery Hero nichts unternehmen, um den Wert von Yogiyo zu schmälern - etwa die Provisionen für die Restaurants ändern oder Fahrer für Woowa abwerben.

DELIVERY HERO REAGIERT SÜß-SAUER

Noch Mitte November hatte Vorstandschef Östberg gegen eine Trennung von Yogiyo gewettert, die sich als Auflage abzeichnete: "Wir sehen das nicht als gute Lösung an." Doch die Kartellwächter blieben hart. Behördenchefin Joh Sung-wook fürchtete, dass Delivery Hero sonst die Preise nach oben treibe. Schließlich kämen die Woowa-Marke "Baedal Minjok" und "Yogiyo" nach Berechnungen der KFTC zusammen auf 97 Prozent Marktanteil. Allein 82 Prozent aller Kunden von Online-Essenslieferdiensten in Südkorea nutzen die App von Woowa. Die Übernahme sei aber auch so sinnvoll, argumentierte die KFTC-Chefin. Schließlich gehe es darum, die Technologie von Delivery Hero mit den Marketing-Fähigkeiten von Woowa zu verbinden. "Ich glaube, das ist in ausreichendem Maße möglich."

Kritiker hatten eingewandt, die Behörde verkenne, wie rasch sich der Markt verändere. Die vom japanischen Tech-Investor Softbank finanzierte Coupang Eats sei in weniger als zwei Jahren im Großraum Seoul zur Nummer drei aufgestiegen. Doch die KFTC argumentiert, es sei unklar, ob Coupang für Woowa auch landesweit eine Bedrohung wäre.

Die gemeinsamen Pläne von Delivery Hero und Woowa gehen weit über Südkorea hinaus. Das Geschäft beider Lieferdienste in Asien soll in einer Gemeinschaftsfirma in Singapur gebündelt werden. Delivery Hero ist auf dem Kontinent unter der Marke "foodpanda" aktiv. Die gemeinsame Holding soll von Woowa-Gründer Bongjin Kim geführt werden, Jakob Angele von Delivery Hero und Sean Oh von Woowa sollen sich um die jeweiligen Marken kümmern. Die Essens-Lieferbranche steckt mitten in einer Konsolidierung. So hat sich Delivery Hero längst aus Deutschland verabschiedet. Ihre Marken wie "Lieferheld" sind im Konkurrenten Lieferando aufgegangen, der zum fusionierten britisch-niederländischen Konzern Just Eat Takeaway gehört.