Zürich (Reuters) - Der Schweizer Hörgeräte-Hersteller Sonova steigt in das Geschäft mit Kopfhörern ein.

Der Weltmarktführer übernimmt für 200 Millionen Euro das Kopfhörer-Geschäft der deutschen Sennheiser, wie die beiden Unternehmen am Freitag mitteilten. Sennheisers Consumer Division, die auch Lautsprecher anbietet, erwirtschafte mit rund 600 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von rund 250 Millionen Euro. Sennheisers Geschäft mit professionellen Kunden, das etwa Mikrofone und drahtlose Übertragungstechnik umfasse, bleibe bei der 75 Jahre alten Familienfirma.

Mit der Transaktion, die im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden soll, baut die bisher auf ärztlich verordnete Hörgeräte ausgerichtete Sonova ihr Angebot aus. Sennheiser verfüge über eine starke Marke und eine breite Marktpräsenz, sowohl online als auch in Fachgeschäften. Wachstumschancen sehe das Unternehmen unter anderem im Geschäft mit drahtlosen Kopfhörern. Während Sonova gegenwärtig vor allem Menschen mit altersbedingtem Hörverlust anspreche, hoffe das Unternehmen dank Sennheiser auch jüngere Kunden zu erreichen, die Kopfhörer zum Musikhören und Telefonieren nutzten. "Selbst wenn sie keinen Hörverlust haben, werden die meisten von ihnen mit dem Alter allmählich einen Hörverlust bekommen, und Geräte wie die von Sennheiser ermöglichen uns einen früheren Zugang zu diesen Menschen", sagte Sonova-Chef Arnd Kaldowski zur Nachrichtenagentur Reuters.

Sonova, die im Geschäftsjahr 2019/20 bei einem Umsatz von 2,92 Milliarden Franken einen Gewinn von 490 Millionen Franken erwirtschaftete, finanziere den Zukauf aus der eigenen Kasse. Die Übernahme werde unmittelbar einen Beitrag zum Gewinn pro Aktie liefern. Für die Nutzung der Marke Sennheiser werde Sonova unbefristet Lizenzgebühren entrichten.

Analysten begrüßten den Deal, die Aktie zog 1,8 Prozent an. "Wir sehen die Akquisition von Sennheiser als einen strategisch sehr wichtigen Schritt, der eine Lücke in Sonovas Portfolio schließt", erklärte ZKB-Analyst Daniel Buchta. Die dänischen Wettbewerber GN und Demant verfügten bereits über starke Endverbraucher-Marken, die sie für Hörgeräte-ähnliche Produkte verwenden könnten. Längerfristig dürfte Sonova mit Sennheiser versuchen, Hörgeräte nicht mehr nur gegen eine ärztliche Verordnung über Hörakustiker, sondern in Supermärkten und im Internet direkt an die Nutzer (Over the Counter, OTC) zu verkaufen, so der Analyst. "Wir sehen OTC-Hörgeräte als eine langfristig sehr große Gefahr für den traditionellen Hörgerätemarkt, sodass Sonova nun wenigstens mit einer starken Marke in den US OTC-Hörgerätemarkt eintreten kann."