(neu: Schusskurse, Analystenkonferenz im fünften Absatz)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Details zum Radikalumbau der Deutschen Bank haben die Anleger am Montag letztlich arg verschreckt. Nachdem die Aktien im frühen Handel zunächst noch um mehr als 4 Prozent in die Höhe geschnellt waren, drehten sie schon am späten Vormittag ins Minus und büßten am Ende in dem wieder etwas nachgebenden Gesamtmarkt mehr als 5 Prozent auf 6,788 Euro ein. Damit waren sie der mit Abstand schwächste Wert im leicht tieferen deutschen Leitindex Dax.

Auch unter den Analysten überwog die Vorsicht: Zwar lobten manche den Mut zum strategischen Umbau, doch viele sorgten sich weiterhin um um die Kapitalstärke des hiesigen Branchenprimus.

Die Deutsche Bank versucht mit dem Radikalumbau ihres Geschäftsmodells den Befreiungsschlag: Der Abbau Tausender Arbeitsplätze, ein Ausstieg aus dem weltweiten Aktienhandel und milliardenschwere Investitionen in neue Technologie sollen die jahrelange Krise des größten deutschen Geldhauses beenden. Das deutsche Geschäft mit Firmenkunden und die Transaktionsbank wird in einem neuen Geschäftsbereich namens Unternehmensbank gebündelt. Der Aufsichtsrat billigte die von Konzernchef Christian Sewing bereits im Mai skizzierten "harten Einschnitte".

Dabei will der Konzern den Umbau selbst finanzieren und sich kein neues Kapital von den Aktionären besorgen. Dies ist einerseits positiv, da eine Kapitalerhöhung den Gewinn je Aktie verwässert und damit die seit Jahren schwer gebeutelten Papiere einmal mehr schwer belasten könnte. Andererseits stellt sich die Frage, ob die Deutsche Bank ohne frisches Geld ihre vielen selbst gesteckten Ziel erfüllen kann.

Eine Telefonkonferenz mit Analysten am Nachmittag konnte die Stimmung für die Aktien auch nicht mehr aufhellen. So rechnet die Deutsche Bank bis 2022 nicht mit einem Wachstum im Investmentbanking. Dort will sich das Finanzinstitut künftig auf das Geschäft mit Krediten, Anleihen und Währungen sowie auf strategische Beratung konzentrieren.

Experten bleiben gerade mit Blick auf die schwache Historie vorsichtig, was die alles entscheidende Ausführung der Pläne betrifft. Eoin Mullany von der Berenberg Bank rät Anlegern sogar, die Aktien aufgrund der ausbleibenden Kapitalerhöhung in eine Kursstärke hinein zu verkaufen - eben wegen "enormer Umsetzungsrisiken" und wenig Raum für Fehler mit Blick auf die Kapitaldecke.

Analyst Andrew Stimpson von der Bank of Amerika äußerte sich ähnlich und sieht in der Kapitalausstattung der Deutschen Bank weiter ein Problem. Das Finanzhaus begebe sich mit seiner Strategie in die Hände der Regulierungsbehörden. Ohne eine Reduzierung der Kapitalanforderungen oder eine Erlaubnis der Europäischen Zentralbank, die risikogewichteten Vermögenswerte im operativen Geschäft schneller verringern zu dürfen, könnte es der Deutschen Bank an dem nötigen Kapital für ihre Wachstumspläne mangeln. Die Kosten für das Abstoßen von Vermögensteilen seien ebenfalls noch nicht diskutiert worden.

Die Expertin Anke Reingen vom Analysehaus RBC gestand der Bank zwar zu, dass sie ihr Geschäftsmodell radikaler als gedacht überarbeitet habe. Die erhoffte Steigerung der Profitabilität aber sollte sich nun noch mehr verzögern. Insofern böten sich Anlegern mehr Chancen bei anderen Sektorwerten.

Skeptisch äußerte sich auch Analyst Jernej Omahen von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Die strukturellen Herausforderungen für die Deutsche Bank seien nicht vom Tisch. So zögen die Finanzierungskosten deutlich an und es herrsche immer noch Unsicherheit darüber, wie groß denn das Investment-Banking nach dem Umbau tatsächlich sein werde. Vor allem aber fehle es weiterhin an sehr renditeträchtigen Geschäftsfeldern.

Das Urteil des am Aktienmarkt sehr beachteten Analysten Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan fällt milder aus. Die mutigen Umbaupläne seien das erste Mal nicht halbgar, sondern stellten einen echten strategischen Schwenk dar. Der Experte Daniele Brupbacher von der schweizerischen Bank UBS ergänzte: Wenn die Umsetzung klappe, könnte das Ergebnis je Aktie 2022 bei 2 Euro liegen.

Die Aktien der Deutschen Bank leiden bereits seit Jahren unter den Folgen der Finanzkrise, da das Billiggeld der Notenbanken das Zinsgeschäft einbrechen ließ. Als Belastung hinzu kamen diverse Rechtsstreitigkeiten. Nach dem geplatzten Traum von einer Fusion mit der Commerzbank war der Kurs zwischenzeitlich auf ein Rekordtief 5,801 Euro abgesackt. Seit Anfang Juni hat sich der Aktienkurs wieder ein Stück weit erholt.

Mit dem Rückschlag an diesem Montag jedoch hat sich das charttechnische Bild wieder etwas eingetrübt. Zwar lag das Tageshoch von 7,49 Euro über dem höchsten Kurs am Freitag, doch gleichzeitig lag auch das Tagestief von 6,655 Euro unter dem Tief vom Freitag. Chartexperten zufolge könnte eine solche Konstellation eines höheren Hochs und eines tieferen Tiefs darauf hinweisen, dass der jüngste Aufwärtstrend an Dynamik verliert./la/stw/bek/jha/he