Paul Clarke

LONDON (Dow Jones)--Nach einer Reihe von Neueinstellungen will die Deutsche Bank im Rahmen einer breitangelegten Expansion ihrer britischen Investmentbank erneut ins Corporate-Broking-Geschäft einsteigen. Laut Lewis Burnett, den das Frankfurter Geldinstitut im Dezember von BNP Paribas als Leiter des Segments Corporate Broking einstellte, hat der Kreditgeber eine echte "Wachstumsagenda" für dieses Geschäftsfeld. "Für uns besteht eine große Chance darin, eine vollständig integrierte Version des britischen Investmentbankings zu liefern, und das Brokerage wird ein großer Teil davon sein", äußerte sich Burnett gegenüber Financial News (FN).

Die Deutsche Bank hat ihr Corporate-Broking-Geschäft in den vergangenen sechs Monaten neu aufgestellt, um einen größeren Anteil am britischen Investmentbanking zu gewinnen. Es war nämlich ein harter Schlag ins Gesicht, als der frühere Chef Matt Hall im April vergangenen Jahres zur Credit Suisse wechselte. Burnett kam 2018 von der Credit Suisse zu BNP Paribas, um zusammen mit Andrew Forrester, den ebenfalls die Schweizer Bank anheuerte, das Corporate-Broking-Geschäft bei der französischen Bank anzukurbeln. Über seine bevorstehende Anstellung bei der Deutschen Bank berichtete die FN bereits im September.


 
Kampf um Talente ufert aus 
 

Corporate Broking ist ein typisch britisches Phänomen, bei dem erfahrene Banker die Führungsetagen britischer Unternehmen beraten, oft gegen eine nur geringe Gebühr, aber mit einem Auge auf lukrativere Investmentbanking-Geschäfte. Neben Burnett hat die Deutsche Bank im November auch Paul Frankfurt und Chris Byrne von BNP Paribas als Spitzenmanager in die eigenen Reihen geholt, um ihr britisches Corporate-Broking-Geschäft weiter zu stärken. Branchenbeobachter sträuben sich derweil gegen den Abwerbungskrieg um Banker, der die Gehälter um 50 Prozent in die Höhe treibt: "Alle zahlen mehr und mehr." Der Leiter des britischen Investmentbanking der Deutschen, Daniel Ross, der im August nach einer zwölfjährigen Tätigkeit bei Barclays hinzustieß, hat seine Palette an Deals in Großbritannien erweitert, die er gegenüber der FN zuvor als "untergewichtet" bezeichnete.

In den vergangenen Monaten heuerten die Frankfurter auch noch die geschäftsführenden Direktoren Abid Chaudhri, Ed McBride und Oliver Ives an. Derek Shakespeare stieß von Barclays hinzu, um das M&A-Team der Deutschen in ganz Europa zu verstärken. Ross freut sich darüber, dass die Deutschen ihre britische Investmentbank weiter ausbauen. "Es gibt noch einige Neueinstellungen, die wir vornehmen wollen, und wir werden diese Lücken im Laufe des Jahres schließen", erläutert er. "Es ist ein hart umkämpfter Markt für Talente, aber ich denke, dass es uns bisher gelungen ist, einige sehr gute Leute für die Plattform zu gewinnen, und ich gehe davon aus, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird."


 
Konkurrenz der Deutschen Bank schläft nicht 
 

Der Vorstoß in Großbritannien ist Teil einer breit angelegten Einstellungswelle im Originations- und Beratungsgeschäft der Deutschen Bank, die im vergangenen Jahr rund 30 neue Mitarbeiter für sich gewann. Zugleich verbesserte sich hier der Umsatz im Jahr 2021 um 23 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Das Wachstum des deutschen Kreditgebers folgt auf das profitabelste Jahr seit einem Jahrzehnt und findet inmitten eines Restrukturierungsprogramms statt, in dessen Rahmen rund 18.000 Stellen in der gesamten Organisation abgebaut werden sollen. Die Unternehmensberatung wird derweil immer wettbewerbsintensiver, da das britische Transaktionsgeschäft im vergangenen Jahr boomte und die Pandemie die Branche erschüttert hat. Hochrangige Banker erklärten gegenüber der FN, dass die Kundenabwanderung höher sei als nach der Finanzkrise 2008.

Nach Angaben von Advisor Rankings hat die Deutsche Bank im vergangenen Jahr fünf Kunden aus dem FTSE-100 verloren und betreut hier derzeit insgesamt elf Unternehmen - gegenüber sechszehn vor einem Jahr. Laut Burnett setzt sich das Geldhaus keine neuen Ziele für die Kundenzahlen. "Wir werden nicht um der größeren Anzahl willen Kunden nachjagen, da dies zu Praktiken ermutigt, die nicht immer mit der besten langfristigen Beratung übereinstimmen, die wir anbieten wollen." Die Rückmeldungen der Kunden zeigten, dass die Erfahrung von Führungskräften sehr wichtig sei, um Vertrauen aufzubauen und die richtige Beratung zu geben, die kompromisslos ehrlich sei, wenn nötig sogar reichlich unverblümt. "Sie wollen eine Bank, die sowohl ihre Finanzierungsbedürfnisse als auch ihre strategischen Ziele erfüllen kann, und das ist unser Plan bei der Deutschen."


 
Deutsche Bank setzt wieder verstärkt aufs Investmentbanking 
 

Der erneute Vorstoß der Deutschen in das Brokerage-Geschäft sei wesentlicher Bestandteil der Wiederbelebung ihrer britischen Investmentbank, so Burnett weiter. "Um eine Kraft im britischen Investmentbanking zu sein, muss man eine Kraft im Corporate Broking sein", meint er. "Die Wachstumsrate unseres Teams mit den Neueinstellungen der vergangenen Monate unterstreicht die Bedeutung, die die Deutsche dem Brokerage beimisst, das absolut entscheidend ist."

Der deutsche Kreditgeber sieht sich einem harten Wettbewerb ausgesetzt, da Citigroup, HSBC und Goldman Sachs zu den Investmentbanken gehören, die Pläne zur Gewinnung von Marktanteilen in Großbritannien angekündigt haben. Auf das Land entfallen in der Regel etwa 30 Prozent der Gebühren in Europa. Aber eine Reihe von Public-to-Private-Deals im vergangenen Jahr sowie eine Welle von Buyout-Firmen, die sich auf britische Kapitalgesellschaften stürzten, ließen die Erträge in die Höhe schnellen. Nach Angaben des Datenanbieters Dealogic stiegen die Gebühren im Investmentbanking in Großbritannien im vergangenen Jahr um 49 Prozent auf 6,7 Milliarden US-Dollar. Die Deutsche Bank kletterte 2021 in der Rangliste um einen Platz auf Position 10, mit Einnahmen von 153 Millionen Dollar.

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February 14, 2022 09:44 ET (14:44 GMT)