LONDON (dpa-AFX) - Die britische Großbank Royal Bank of Scotland (RBS) kommt einfach nicht in sicheres Fahrwasser. Am Freitag überraschte das seit der Finanzkrise größtenteils verstaatlichte Institut nach einem weiteren Milliardenverlust mit einer neuen Hiobsbotschaft. Der Zeitplan für die Rückkehr zu einer Dividendenzahlung sei aller Voraussicht nach nicht zu halten, erklärte der Vorstand. Grund sind ungeklärte Altlasten. Die Börse reagierte enttäuscht. RBS-Aktien verloren zeitweise mehr als 12 Prozent an Wert, begrenzten den Absturz bis zum frühen Nachmittag aber auf rund 8,5 Prozent. "Ich habe nicht den Hauch einer guten Nachricht entdeckt", sagte ein Analyst.

Ursprünglich wollte die Bank Anfang 2017 mit einer Rückzahlung von Kapital an die Anteileigner beginnen. Doch dafür braucht das Institut zunächst Klarheit über die erwarteten Strafzahlungen wegen krummer Hypothekengeschäfte in den USA aus der Zeit vor der Finanzkrise. Derzeit liefen noch keine entscheidenden Gespräche, räumte Finanzchef Even Stevenson ein. Das ist auch für die Deutsche Bank keine gute Nachricht. Auch sie muss sich in einem ähnlichen Fall noch mit den US-Behörden einigen. Die Unsicherheiten über die drohenden Strafen belasten seit langem den Aktienkurs der beiden Konzerne.

Im Januar hatte die RBS noch Hoffnung geweckt, dass es bald Klarheit im US-Fall geben werde. Denn da hatte sie 1,5 Milliarden Pfund für die drohenden Strafzahlungen in diesem Fall zurückgelegt. Zusammen mit weiteren Sonderbelastungen wie den Schrumpfkurs der Bank und neuen Rückstellungen für Entschädigung von mit Kreditausfallversicherungen falsch beratenen Kunden führte dies zum achten Jahresverlust nacheinander. Insgesamt legte die Bank 2015 für Sonderbelastungen 3,6 Milliarden Pfund zur Seite.

Deshalb stand unter dem Strich nun ein Fehlbetrag von knapp zwei Milliarden Pfund, das sind aber immerhin gut 40 Prozent weniger als 2014. Aber auch im Tagesgeschäft lief es für RBS schlechter. Der um Sonderbelastungen bereinigte Vorsteuergewinn sackte 2015 um 28 Prozent auf 4,4 Milliarden Pfund ab.

Vorstandschef Ross McEwen hat seit seinem Amtsantritt im Oktober 2013 der Bank einen harten Sparkurs verordnet. Er streicht im Investmentbanking tausende Stellen und will das Institut vor allem auf das britische Privatkundengeschäft konzentrieren. Ziel sollte es sein, so bald wie möglich wieder eine Dividende zu zahlen.

Davor stehen neben dem Hypothekenfall in den USA aber noch weitere Hürden. Dazu zählt die Abspaltung der britischen Privatkundenbank Williams & Glyn, die Abwicklung weiterer riskanter Anlagen und ein erfolgreiches Abschneiden im jährlichen Stresstest der britischen Notenbank. Zudem muss die Bank vor einer Dividendenzahlung dem britischen Staat erst dessen Vorzugsaktien für 1,2 Milliarden Pfund abkaufen.

Im August 2015 hatte die britische Regierung erstmals seit der Verstaatlichung 2008 Anteile der Bank an der Börse verkauft. Für die veräußerten gut fünf Prozent der Aktien erlöste Großbritannien rund 2,1 Milliarden Pfund. Aktuell hält der Staat, der in der Finanzkrise 45,5 Milliarden Pfund in die Bank gepumpt hatte, noch rund 73 Prozent der Aktien. Dieser Anteil war am Donnerstagmittag noch 19 Milliarden Pfund wert. Seit Jahresbeginn hat die Aktie ein Viertel an Wert verloren./enl/she