FRANKFURT (Dow Jones)--Paul Achleitner bekommt bei seiner letzten Hauptversammlung als Aufsichtsratschef der Deutschen Bank versöhnliche Töne zu hören. "Die Deutsche Bank hat in den letzten zehn Jahren viel durchgemacht und ist nach dem Umbau nun wieder solide aufgestellt", sagte Andreas Thomae, Portfoliomanager bei Deka Investment, laut Redemanuskript. Achleitner habe "trotz diverser Rückschläge und Kritik nie aufgegeben und letztendlich die richtige Weichenstellung für die Deutsche Bank in die Wege geleitet".

Auch Alexandra Anneke, Fondsmanagerin bei Union Investment dankte Achleitner, dem "Fels in der Brandung", in ihrer Rede "ausdrücklich". "Nach einer Odyssee mit vielen Vorstandswechseln haben Sie es geschafft, die Deutsche Bank wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen", heißt es in ihrem Redemanuskript. Mit Blick auf den Aktienkurs habe er es aber nicht erreicht, "verlässlich und nachhaltig Wert für die Aktionäre zu schaffen". Der enorme Sanierungsbedarf bei der Deutschen Bank sei zu spät angepackt worden, "während andere Banken die Zeichen der Zeit früher erkannt und entsprechend gehandelt haben".

Gelobt wurde von beiden der jetzige Vorstand um CEO Christian Sewing, der ein umfassendes Restrukturierungsprogramm angestoßen hat und für dieses Jahr eine Eigenkapitalrendite von 8 Prozent und für 2025 mehr als 10 Prozent ansteuert. "Der Umbau mit Fokus auf die Stärken ist gelungen, das richtige Managementteam sitzt am Ruder und die Bank ist insgesamt wieder gut angesehen bei ihren Kunden", so Thomae.

Thomae kritisierte gleichwohl die große Abhängigkeit vom Investmentbanking. "Die stabilen Bereiche der Unternehmens- und Privatbank müssen stärker werden, damit sie neben dem Asset Management einen gesunden Ausgleich zum schwankungsanfälligeren Investmentbanking bilden", mahnte er.

"Wir halten Ihre Ziele für sehr ehrgeizig", merkte Anneke von Union Investment in Richtung Sewing an. "Aber Sie haben uns bislang mit großer Entschlossenheit und Verlässlichkeit gezeigt, dass wir Ihnen vertrauen können." Die Bank sei stabiler, wettbewerbsfähiger und vertrauenswürdiger geworden, fügte sie hinzu. "Aber sie läuft noch längst nicht auf Autopilot". Die Fondsmanagerin verwies auf die Defizite bei Kontrollsystemen und der Bekämpfung der Finanzkriminalität. Hier habe die Bank eine "offene Flanke". Die Eigenkapitalrendite müsse steigen, damit sich der Aktienkurs weiter erhole und die Dividende erhöht werden könne. "Die Aktionäre bekommen immer noch Magerkost serviert, während Vorstandsvergütung und Boni durch die Decke gehen."

Anneke bekräftigte, dass sie die Wahl des designierten neuen Aufsichtsratschefs Alexander Wynaendts in das Kontrollgremium ablehnt. Sie begründete dies mit der Ämterhäufung des früheren Chefs vom niederländischen Versicherer Aegon. Thomae von Deka Investment hält den Niederländer dagegen "für den richtigen Mann an der Aufsichtsratsspitze".

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May 19, 2022 03:00 ET (07:00 GMT)