Von Manuel Priego Thimmel

FRANKFURT (Dow Jones)--Auf der Jahreseröffnung der Deutschen Börse hat sich der Vorstandsvorsitzende Theodor Weimer für die europäische Kapitalmarktunion stark gemacht. "Wir müssen weg von der Binnenorientierung in Europa", hieß es auf der Veranstaltung, die erstmals seit zwei Jahren wieder stattfand. Das Gros der Investoren sitze außerhalb Europas, und diese hätten die Investionen in Europa deutlich reduziert.

Scharfe Kritik äußerte Weimer an Wirtschaftsstandort Deutschland, der zusehends an Attraktivität verliere. Deutschland sei zum merkantilistischstem Land der Welt geworden, sei zu kaufmännisch geworden, ohne geopolitische Strategie, abhängig von Rohstoffen - das räche sich nun. Die Verteidigungsfähigkeit des Landes spotte jeder Beschreibung. Deutschlands Stärke liege in seiner Industrie, das dürfe man nicht aufgeben.

Die gute Nachricht sei, dass Deutschland in eine Phase des europäischen Rückenwinds komme. Die Rückkehr der ökonomischen Vernunft sollte Deutschland und Europa in die Hände spielen. Notwendig seien hohe Investitionen etwa in den Bereichen Robotik oder Künstliche Intelligenz, um die bestehenden Abhängigkeiten zu reduzieren. Die Klimakrise werde sich nur mit Technologie lösen lassen, oder gar nicht.

Nur die Kapitalmärkte seien in der Lage, die nötigen Investitionen zu stemmen. Es brauche starke Private-Equity-Unternehmen, robuste Versicherer, Assetmanager sowie starke Banken. Die europäischen Märkte seien weit entfernt von der Tiefe der US-Finanzmärkte. Innovative Unternehmen wie Biontech wanderten daher ab. Das Dual Listing von Linde sei auf Dauer nicht zu halten gewesen - daran habe auch die DAX-Reform der Deutschen Börse nichts ändern können.

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January 23, 2023 14:57 ET (19:57 GMT)