Zürich (Reuters) - Nach neun Jahren im Amt verabschiedet sich UBS-Chef Sergio Ermotti mit einem satten Gewinnsprung.

Die Schweizer Großbank fuhr von Juli bis September 2020 das beste Ergebnis in einem Sommerquartal seit zehn Jahren ein. Vor allem dank einem Handelsboom perlte die größte Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten an dem vor allem auf das Geschäft mit Reichen und Superreichen ausgerichteten Institut weitgehend ab. Ermotti, der Ende des Monats den Chefsessel an den Niederländer Ralph Hamers übergibt, sparte bei seiner Abschluss-Präsentation nicht mit Eigenlob: "Die UBS ist stärker denn je, strategisch, finanziell und operativ", sagte der 60-jährige Manager am Dienstag. Nicht ganz so positiv sehen die Anleger sein Wirken: Seit seinem Amtsantritt 2011 ist der Aktienkurs nur wenig vom Fleck gekommen.

Im dritten Quartal verdoppelte die UBS den Gewinn auf 2,1 Milliarden Dollar und übertraf damit die Analystenschätzungen deutlich. Der Vorsteuergewinn kletterte um 92 Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar. Zwar blähte der Verkauf der Fondsvertriebsplattform Fondscenter an die Deutsche Börse das Ergebnis auf. Doch auch im Tagesgeschäft lief es rund: In der Vermögensverwaltung für reiche Privatkunden, im Geschäft mit Profi-Anlegern wie Pensionskassen und im Investmentbanking verdiente das Bankhaus teilweise massiv mehr. Einzig im Geschäft mit kleineren Schweizer Privat- und Firmenkunden sank das Ergebnis, weil erneut Wertberichtigungen für Kreditrisiken ins Kontor schlugen.

Mit dem guten Abschneiden in den vergangenen Quartalen gehört die UBS zu den Gewinnern der Coronavirus-Krise. "Die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen veranlassen viele Menschen dazu, ihre Finanzplanung und ihre Anlage-Positionen grundlegend zu überdenken", erklärte Ermotti. Dies habe zu einer höheren Kundenaktivität geführt und der Bank steigende Gebühreneinnahmen beschert. In der Krise habe die UBS zudem die Kundenbeziehungen vertieft. "Sie investieren mehr bei uns, wickeln mehr Geschäfte über uns ab und nehmen mehr Kredite bei uns auf."

UBS LÄSST US-INSTITUTE HINTER SICH

Viele der Trends, die der UBS helfen, zeigen sich auch bei der Konkurrenz. Mit dem ersten Quartalsabschluss eines großen europäischen Instituts legte das Zürcher Geldhaus die Messlatte dennoch hoch. Denn mit einer Kernkapitalrendite von 17,6 Prozent in den ersten neun Monaten überflügelte die UBS auch die großen US-Institute. Die Deutsche Bank, die am 28. Oktober ihre Quartalszahlen präsentiert, hat ebenfalls Zuwächse im Investmentbanking in Aussicht gestellt. Dank des guten Geschäftsverlaufs und der soliden Bilanz hat die UBS insgesamt bereits 2,5 Milliarden Dollar für Dividendenzahlungen und einen möglichen Aktienrückkauf im kommenden Jahr beiseite gelegt.

Zuverlässige Ausschüttungen und eine risikoärmere Bank gehören zu Ermottis Haupterrungenschaften. Seine Erfolge goutieren auch Analysten. "UBS befindet sich in einer viel besseren Position als zum Zeitpunkt seines Antritts", erklärte Andrew Coombs von Citi. Die UBS-Aktien legten am Dienstag über vier Prozent zu.

Die Börsenbewertung der UBS zeigt aber auch, dass viele Anleger immer noch Vorbehalte haben. Das hat mit der drohenden milliardenschweren Strafzahlung in Frankreich, den rekordtiefe Zinsen und der immer noch schwer berechenbaren Gewinnentwicklung zu tun. Analysten fordern, dass Ermottis Nachfolger Hamers vor allem bei den Kosten und der Effizienz ansetzt. Als ING-Lenker hat sich der Niederländer mit der Digitalisierung der Bank einen Namen gemacht. Ähnliches erwartet Ermotti, der künftig bei Swiss Re den Verwaltungsrat lenken soll, von Hamers auch bei der UBS: "Ralph wird uns helfen, noch effizienter zu werden und die Digitalisierung auf die nächste Stufe zu heben."

Skeptiker geben allerdings zu Bedenken, dass ein Umbau des auf persönlichen Beziehungen fußenden Geschäfts mit reichen Privatkunden schwieriger sein dürfte als bei der vor allem auf das Massengeschäft ausgerichteten ING. Zudem trifft Hamers, der bei ING gerne mit Turnschuhen in der Firmenfarbe orange und im offenen Hemd auftrat, bei der UBS auf eine wesentlich konservativere Kultur. Hamers dürfte sich auch stärker als Ermotti mit Übernahmen oder gar einer Fusion mit einem Rivalen auseinandersetzen müssen. Denn viele Spitzenmanager sehen eine Konsolidierungswelle auf die Branche zurollen.