HAMBURG (dpa-AFX) - Läden geschlossen und Ausgangssperren in Teilen Deutschlands: Die Corona-Krise hat für den auf Einkaufszentren spezialisierten Immobilieninvestor Deutsche Euroshop reichlich Probleme und Ungewissheit gebracht. Im ersten Quartal hinterließ die Virus-Krise bei dem im Nebenwerteindex SDax notierten Konzern zwar kaum Kratzer. Die Spuren dürften für die Hamburger aber ab dem zweiten Quartal stärker erkennbar werden. Was bei Deutsche Euroshop los ist, wie Analysten die weiteren Aussichten bewerten und wie sich die Aktie entwickelt hat.

DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Angesichts der Unsicherheiten durch die Pandemie strich das Management um Vorstandschef Wilhelm Wellner bereits die Jahresprognose und setzte die Dividende aus. So brachte und bringt die Viruskrise die Mieter in Bedrängnis. Es gab Insolvenzen und zudem haben Mieter die Möglichkeit, Zahlungen wegen der Pandemie auszusetzen.

Laut Wellner kam es ab Mitte März in den zur Deutsche Euroshop gehörenden Shoppingcentern nahezu flächendeckend zu Geschäftsschließungen. Wesentlicher Grund waren die von den Bundesländern teils auferlegten, weitreichende Sicherheits- und Quarantänemaßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung. Allerdings machen dem Manager die mittlerweile erfolgten Wiederöffnungen eines Großteils der Geschäfte in den Centern Hoffnung. Dies sei ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer neuen Normalität. Der Manager ist zuversichtlich, die Krise meistern zu können.

Schon vor den angeordneten Schließungen hatte Deutsche Euroshop aber durch die sich immer stärker zuspitzende Virus-Krise unter sinkenden Besucherfrequenzen in seinen Shoppingcentern gelitten. Zum Immobilienportfolio des Konzerns gehören insgesamt 21 Einkaufszentren überwiegend in Deutschland - etwa das Main-Taunus-Zentrum im hessischen Sulzbach bei Frankfurt - sowie in Österreich, Polen, Ungarn und Tschechien.

Aber auch unabhängig von der Corona-Krise ist der Druck im Einzelhandel zu spüren. Denn der Online-Handel macht dem klassischen stationären Handel und Ladeninhabern schwer zu schaffen. Dieser Trend dürfte durch die Virus-Krise noch verstärkt worden sein.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Unter den neun seit Ende März von dpa-AFX erfassten Experten, die sich näher mit Deutsche Euroshop befasst haben, herrscht Uneinigkeit. Während drei Analysten den Kauf der Papiere empfehlen, raten vier, die Anteilsscheine im Depot zu halten und zwei zum Verkauf.

Stephen Bramley-Jackson von der britischen Investmentbank HSBC spricht sich für den Verkauf der Titel aus. Er errechnet ein Kursziel von 10 Euro und damit den niedrigsten Wert aller Analysten. Aus seiner Sicht zählt der Betreiber von Einkaufszentren wegen seiner Verschuldung neben Atrium ERE und Intu Properties zu den drei risikoreichen Titeln der Branche.

Auch Jochen Schmitt vom Bankhaus Metzler ist vorsichtig und stufte die Papiere mittlerweile von "Halten" auf "Verkaufen" ab. Die Coronavirus-Krise dürfte den Drang der Konsumenten zum Online-Shopping beschleunigen und Druck auf einige Mieter des Einkaufszentren-Betreibers ausüben, erklärt der Experte. Um Leerstände zu vermeiden, müsse das Unternehmen wohl niedrigere Mieten hinnehmen.

Deutlich positiver gestimmt geben sich das Investmenthhaus Kepler Cheuvreux mit einem Ziel von 26 Euro und die Baader Bank mit einem Ziel von 30 Euro. Mehr traut kein anderer Experte die Papieren zu. Beide liegen damit erheblich über dem aktuellen Kurs von 15,68 Euro. So kam die Streichung des Ausblicks für Baader-Experte Andre Remke nicht überraschend. Die genauen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Deutsche Euroshop seien schwer abzusehen und hingen von der Länge der Schließungen ebenso ab wie von finanziellen Hilfen für die Mieter, glaubt Remke.

Dagegen gibt Kepler-Analyst Thomas Neuhold zu bedenken, dass der auf Einkaufszentren spezialisierte Immobilienkonzern zwar solide Ergebnisse für das erste Quartal vorgelegt habe. Doch die krisenbedingten Shop-Schließungen hätten erst im März eingesetzt.

Unterdessen hält Karsten Oblinger von der DZ Bank die Bilanzsituation der Deutsche Euroshop trotz der aktuell herausfordernden Rahmenbedingungen für sehr solide und die Aktie daher für unterbewertet.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Marktturbulenzen infolge der Pandemie haben auch bei der Deutsche Euroshop deutliche Spuren hinterlassen. Im laufenden Jahr steht für die Papiere ein Verlust von über 40 Prozent zu Buche.

Kosteten die Titel vor dem Corona-Crash noch mehr als 26 Euro, ging es im Zuge des Einbruchs ab dem 24. Februar steil nach unten. Binnen weniger Wochen stürzte die Aktie bis zum 19.März bis auf 9,465 Euro ab - ein Minus von fast 63 Prozent.

Seit dem heftigen Absturz ging es für die Deutsche-Euroshop-Aktie in kleinen Schritten und mit weiteren kleineren Rücksetzern etwas bergauf. Zuletzt bewegte sie sich zwischen 14 und 16 Euro.

Der Rekord über 48 Euro aus dem Frühjahr 2015 bleibt Welten entfernt. Fast drei Viertel des Wertes sind seither weggebrochen. Das reflektiert auch die Probleme des stationären Einzelhandels. So kennen etwa die Aktien von Wohnimmobilienkonzernen - die Corona-Krise ausgeklammert - seit Jahren nur eine Richtung: nach oben.

Aktuell bringt es Deutsche Euroshop auf eine Marktkapitalisierung von rund 968 Millionen Euro, was in Sachen Börsenwerte einen Platz im hinteren Mittelfeld des SDax bedeutet. Zum Vergleich: der französische Einkaufszentren- und Büroimmobilieninvestor Unibail-Rodamco-Westfield bringt es auf fast 10 Milliarden Euro Börsenwert./eas/mne/mis