Natürlich könne man Deutschland mit Italien und Spanien vergleichen, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in einem Interview mit den Zeitungen der "Funke Mediengruppe" (Dienstagsausgaben). "Tatsächlich hat Deutschland aber mehr Infizierte und Tote pro eine Million Einwohner als die meisten anderen Länder. Die Wirtschaft schrumpft stärker. Und die Einschränkungen des täglichen Lebens sind signifikant." Trotzdem empfänden viele Menschen, Deutschland sei glimpflich davongekommen. Fratzscher sieht hier ein "beeindruckendes Maß an Solidarität und Hilfsbereitschaft" als Ursache. Dies sei eine Stärke Deutschlands. "Die Menschen haben zusammengehalten und die Schwächsten geschützt - auch dank unseres guten Sozial- und Gesundheitssystems", sagte er den Zeitungen. In Deutschland seien 7,5 Millionen Menschen in Kurzarbeit gegangen und nicht durchs Raster gefallen. "Jeder bekommt eine gute Gesundheitsversorgung ohne große Unterschiede, vor allem in lebensbedrohlichen Lagen."

Bei den Krisenhilfen der Bundesregierung für die Wirtschaft müsse nun der Fokus von kurzfristiger Stabilisierung auf langfristigen Strukturwandel gerichtet werden. Er sprach sich gegen weitere Staatsbeteiligungen zur Rettung von Unternehmen in der Corona-Krise aus. "Der Staat kann das nicht leisten", so der DIW-Präsident. Die Bundesrepublik ist zur Rettung der in der Pandemie schwer angeschlagenen Lufthansa als nun größter Aktionär bei der Fluggesellschaft eingestiegen. Fratzscher bezeichnete dies als "besonderen Fall: Der Konzern hat ein gesundes Geschäftsmodell und war vor der Krise erfolgreich. Das können Sie nicht für die Autoindustrie oder Konzerne wie Thyssenkrupp sagen, die schon lange große Schwierigkeiten hatten." Da gehe es um Strukturwandel. Es brauche ein "Zukunftspaket", um wichtige Veränderungen in Bezug auf Klimaschutz und Digitalisierung auch in der Autoindustrie mitzugestalten.