(neu: Stellungnahme des Flughafenverbands ADV)

BERLIN (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts der erheblichen Probleme an deutschen Flughäfen wegen Personalengpässen grundsätzlich bessere Arbeitsbedingungen angemahnt. Es sei einer der Gründe für die Schwierigkeiten, dass "zu viele weggeschickt" worden seien, sagte Scholz am Mittwoch im Bundestag mit Blick auf Personalabbau in der Branche während der Corona-Krise. Zudem seien Arbeitsbedingungen nicht so attraktiv, dass diejenigen Beschäftigten, die sich etwas Neues gesucht hätten, jetzt zurückkehrten.

Zu den Maßnahmen der Bundesregierung gehöre daher nicht nur die Erlaubnis für die Branche, dass Beschäftigte aus dem Ausland geholt und zu Tariflöhnen direkt eingestellt werden könnten. "Sondern es wird auch dazugehören, dass man generell bessere Arbeitsbedingungen in diesem Bereich schafft", sagte Scholz.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kritisierte, wenn nicht nach Tarif bezahlt werde, müsse man sich nicht wundern, dass für so schwere Arbeit keine Leute mehr gefunden würden. Im Sender RTL/ntv bemängelte er, dass viele Fluggesellschaften in der Corona-Krise zu viele Mitarbeiter entlassen hätten, auch mit Abfindungen. "Jetzt haben wir den Salat", sagte der SPD-Politiker.

Fehlendes Personal unter anderem bei der Gepäckabfertigung hatte an Flughäfen zur Sommerreisezeit teils chaotische Zustände mit langen Wartezeiten ausgelöst. In der Corona-Krise hatten Flughäfen, Airlines und Dienstleister Personal abgebaut und Fachkräfte verloren, die sich andere Jobs suchten. Die Bundesregierung hatte als Abhilfe rasche Regelungen zugesagt, damit Betreiber vorübergehend leichter Personal vor allem aus der Türkei anheuern können - mit konkreten Vorgaben, um Sozialdumping zu unterbinden.

Der Flughafenverband ADV bekräftigte, die Beschäftigten würden nach den jeweiligen tariflichen Bedingungen und teilweise auch darüber hinaus entlohnt. Im Bereich Luftsicherheit hätten sich die Löhne in den vergangenen Jahren verdoppelt und lägen weit über dem gesetzlichen Mindestlohn. Flughäfen und private Arbeitgeber stünden mit Gewerkschaften vor dem Abschluss eines Branchentarifvertrages, "der für alle Lohngruppen eine einheitliche und faire Bezahlung sicherstellt", sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel.

Während der Pandemie habe die überwiegende Zahl der Flughäfen zur Beschäftigungssicherung einen Notlagen-Tarifvertrag abgeschlossen, sagte Beisel. Dadurch seien betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen worden. Alle Flughäfen hätten infolge der Verkehrs- und Umsatzeinbrüche von Kurzarbeit Gebrauch gemacht. Obwohl das Kurzarbeitergeld von den Flughäfen aufgestockt worden sei, hätten sich viele Arbeitnehmer eine Beschäftigung außerhalb des Luftverkehrs gesucht. Bedingt durch die hohen Umsatz- und Betriebsverluste erhielten Mitarbeiter an einigen Standorten Angebote zur Frühverrentung und Abfindung auf freiwilliger Basis.

Die Bundesagentur für Arbeit hat inzwischen grünes Licht für die vorübergehende Anwerbung von 2000 Flughafenmitarbeitern aus der Türkei gegeben. Die Sonderregelung ist befristet und gilt nur für Arbeitsverträge, die spätestens am 6. November enden, wie die Bundesagentur mitteilte. Die deutschen diplomatischen Vertretungen in der Türkei müssten nun nicht mehr in jedem Einzelfall eine Erlaubnis der Bundesagentur für die Beschäftigung an einem deutschen Flughafen einholen. Zuerst hatte "The Pioneer" berichtet.

Die Anwerbung türkischen Flughafenpersonals soll die Personalprobleme lindern, die zu zahlreichen Verspätungen und Beschwerden verärgerter Passagiere geführt haben. Eingestellt werden dürfen nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die schon in der Türkei an einem Flughafen gearbeitet haben. Der Arbeitgeberverband der Bodenabfertigungsdienstleister im Luftverkehr (ABL) hatte die Bundesagentur gebeten, den Einsatz von 2000 türkischen Arbeitskräften in der Flugabfertigung am Boden zu ermöglichen./sam/hoe/cho/DP/stw