HAMBURG (dpa-AFX) - Terroranschläge und wirtschaftliche Ängste haben die Reiselust der Deutschen nach Angaben der Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfragen sinken lassen. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK für die Stiftung gaben 21 Prozent der Befragten an, in diesem Jahr keine mindestens fünftägige Urlaubsreise zu planen. Im vergangenen Jahr hatten nur 19 Prozent diese Antwort gegeben. Aus der Tourismusanalyse, die die Stiftung am Mittwoch zum Auftakt der Hamburger Reise-Messe vorstellte, geht weiter hervor, dass 42 Prozent der Befragten Urlaubspläne haben. 37 Prozent waren noch unsicher.

Bereits im vergangenen Jahr seien erstmals seit Jahren weniger Menschen in den Urlaub gefahren. 54 Prozent der Befragten gaben an, eine Reise von wenigstens fünf Tagen unternommen zu haben. Im Vorjahr waren es 57 Prozent gewesen. Der Leiter der BAT-Stiftung, Ulrich Reinhardt, erklärte dies mit der Verunsicherung durch Terroranschläge in Tunesien und Ägypten, aber auch in Kopenhagen und Paris. Zudem werde die wirtschaftliche Lage mit Skepsis gesehen. "Als Motto könnte man fast sagen: Urlaubsfrust statt Reiselust."

Reisen ist laut der Studie verstärkt eine Sache der mittleren Generation, die noch im Arbeitsprozess steht. Im Vergleich zum Vorjahr stieg Zahl der Reisenden unter den 35- bis 54-Jährigen im Jahr 2015 um zwei Prozentpunkte. Die der Jüngeren im Alter zwischen 14 und 34 Jahren nahm um vier, die der Älteren ab 55 Jahre sogar um sechs Prozentpunkte ab.

Den Rückgang der Reiseintensität bei den Jüngeren erklärte Reinhardt mit der weltweiten Vernetzung dieser Generation. "Die Welt ist für sie zum globalen Dorf geworden, und oftmals langt es dann vielleicht schon mitzubekommen, wenn die Freunde unterwegs sind, um dann dieses Urlaubsgefühl ein Stück weit auf Facebook nachempfinden zu können."

Als besorgniserregend bezeichnete der Zukunftsforscher den Rückgang der Reiselust bei der älteren Generation, dem "Motor der vergangenen Jahre". Das Minus von sechs Prozentpunkten sei fast schon ein Erdrutsch. Der Stiftungsleiter erklärte das mit der Verunsicherung und Zukunftsangst der "Best Ager", die schon in einer früheren Studie Ende vergangenen Jahres zum Ausdruck gekommen sei.

Der Reisemarkt spalte sich auch nach dem Einkommen in Mobile und Immobile. In der Gruppe mit einem Nettoeinkommen von mehr als 3500 Euro im Monat verreisten drei von vier Menschen mehrmals im Jahr. Wer weniger als 1500 Euro im Monat zur Verfügung habe, sei froh, wenn er sich eine Urlaubsreise im Jahr leisten könne. "Diejenigen, die es sich leisten können, sind unterwegs, dagegen die unteren Einkommensschichten sind eher auf Balkonien oder in Bad Meingarten anzutreffen", sagte Reinhardt.

Fast ein Viertel (24 Prozent) der Befragten mit festen Plänen wollen die schönste Zeit des Jahres im Inland verbringen. "Deutschland bleibt das mit Abstand beliebteste Reiseziel." 38 Prozent planen eine Reise in ein europäisches Land, und 9 Prozent eine Fernreise. 29 Prozent hatten sich im Befragungszeitraum Dezember/Januar noch nicht entschieden.

Bei den Zielen im Inland habe im Zehn-Jahres-Vergleich besonders Mecklenburg-Vorpommern hinzugewonnen. Bayern habe seinen Platz knapp behauptet, Baden-Württemberg sich leicht verbessert. Die Küstenländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen hätten zum Teil deutlich verloren. Im Ausland konnten Italien und die Türkei zulegen, wobei Spanien seine Spitzenstellung kräftig ausbaute.

"Die Türkei ist das ganz große Fragezeichen in dieser Saison", sagte Reinhardt. Er sehe die Lage nach dem Terroranschlag von Istanbul im Januar aber nicht so pessimistisch. Das Tourismusgeschäft werde sich im Laufe des Jahres erholen. Für die Türkei seien keine zuverlässigen Prognosen möglich, hatte bereits am Montag Montserrat Sierra, Präsidentin des Corps Touristique, die Vereinigung ausländischer Tourismusorganisationen in Deutschland, erklärt. Das Land am Bosporus könne auch durch eine "Last-Minute-Phase" wieder Schub bekommen./bsp/DP/jha