(neu: französischer Tourismusverband)

PARIS (dpa-AFX) - Trotz der Reisewarnung für Teile Frankreichs bleibt der Deutsche Reiseverband (DRV) gelassen. "Frankreich ist nicht das Hauptziel deutscher Pauschalurlauber. Die meisten Frankreich-Touristen organisieren sich ihren Urlaub individuell", sagte DRV-Sprecher, Torsten Schäfer, am Dienstag der

Deutschen Presse-Agentur. Dementsprechend überschaubar schätze er den Schaden bei den Reiseveranstaltern ein. "Reisewarnungen für Urlaubsregionen in Spanien oder Griechenland würden die Branche härter treffen."

Die Reisewarnungen der Bundesregierung vom Montagabend treffen zwei der wichtigsten Tourismusregionen des Landes. Die beiden Regionen Île-de-France und Provence-Alpes-Côte d'Azur gehören nach Angaben des ADAC Deutschlands zu den wichtigsten Zielen deutscher Urlauber in Frankreich.

Im Großraum Paris und in der Region an der Mittelmeerküste, in der auch der französische Präsident Emmanuel Macron eine Sommerresidenz unterhält, hatte sich die Corona-Lage zuletzt zusehends verschärft. Noch Ende vergangener Woche hatte Bundeskanzlerin Merkel Macron in dessen Residenz Fort de Brégançon besucht.

Es sei allerdings schwierig, so kurzfristig die Folgen abzuschätzen, räumte DRV-Sprecher Schäfer ein. Die Hauptreisezeit für Städtetrips stehe erst noch bevor. Dementsprechend komme es für viele Paris-Reisende darauf an, wie lange die Reisewarnung aufrecht erhalten werde. Die Hauptreisezeit in den Süden des Landes neige sich allmählich dem Ende entgegen. "Wir werden sehen, wie sich das entwickelt", sagte der Sprecher.

Frankreich zählt nach Angaben der Weltorganisation für Tourismus als das Reiseland mit der höchsten Besucherzahl weltweit. Im Jahr 2019 lag die Zahl der ausländischen Besucher jenseits der 90 Millionen. Als Tourist gilt demnach jeder, der mindestens eine Nacht im Land verbringt, aber nicht länger als zwölf Monate in dem Land lebt.

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, verteidigte die Einstufung der Regionen als Risikogebiete und schloss eine Reisewarnung für ganz Frankreich nicht aus. "Wir haben ein atmendes System", sagte der CDU-Politiker am Dienstag in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. Es gebe klare Maßzahlen, nach denen eine Region zum Risikogebiet erklärt werde.

In Élyséekreisen zeigte man sich wenig überrascht über die Warnung. Sie entspreche dem auch von Frankreich befürworteten europäischen Ansatz, die örtlichen Situationen mit Blick auf Verbreitung des Virus zu berücksichtigen. Die europäische Koordination beruhe auf Austausch und Transparenz der Kriterien. Außerdem gehe die Entscheidung mit der Bewertung der französischen Regierung einher, was die Lage dort betreffe, hieß es weiter.

Frankreich hatte zuletzt Paris und das Département Bouches-du-Rhône, das in der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur liegt, als Gebiete mit erhöhter Ansteckungsgefahr eingestuft. Das erlaubt den regionalen Behörden dort das öffentliche Leben einzuschränken - theoretisch etwa durch das Schließen von Restaurants oder Märkten oder die Einschränkung der Bewegungsfreiheit.

Zentrales Kriterium für die Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100 000 Einwohner gegeben hat. Eine Reisewarnung geht weiter. Sie ist zwar kein Reiseverbot, aber eine abschreckende Wirkung ist beabsichtigt. Und sie hat eine positive Seite für Verbraucher: Sie ermöglicht es Pauschalreisenden, Buchungen kostenlos zu stornieren.

In Südfrankreich zeigte man sich wenig begeistert von der deutschen Reisewarnung. "Wir sind bestürzt über diese Entscheidung", sagte der Direktor des Tourismus-Komitees der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur, Loïc Chovelon, der Deutschen Presse-Agentur. Es sei absurd, für das gesamte Gebiet eine Reisewarnung auszusprechen ohne einen Unterschied zwischen der Côte d'Azur, der Provence oder der Alpen-Region zu machen. So würden "viele gute Schüler" für die Handlung "ein paar Schlechter" bestraft, sagte Chovelon. Die Deutschen seien unter den "Top Fünf", was die Herkunftsländer der Reisenden in der Region angehe.

Trotz zuletzt stark steigender Infektionszahlen in Frankreich mit vereinzelt mehr als 4000 positiv getesteten Personen pro Tag soll am Samstag in Nizza die 107. Tour de France starten. Die Stadt an der Côte d'Azur gilt als einer der Corona-Hotspots. Dennoch sollen bis zu 1750 Gäste bei der Veranstaltung zugelassen werden - wenn auch mit Maske. "Eine Tour hinter verschlossenen Türen macht keinen Sinn", hatte Tourchef Christian Prudhomme vor kurzem gesagt.

Der Pharmakologe Fritz Sörgel hält den Umgang der Tour mit dem Virus für unverantwortlich. "Die Hygienebedingungen sind da nicht einzuhalten", sagte Sörgel der Deutschen Presse-Agentur. Die Situation sei am Straßenrand nur schwer Pandemie-gerecht zu organisieren. Es drohten überall Superspreader, und bei derart vielen Menschen müsse man kein Statistiker sein, um zu sehen, dass es passieren wird./wpi/DP/nas