KÖLN (dpa-AFX) - Wer in Deutschland im Internet surft, kann immer häufiger auf sehr schnelle Verbindungen zurückgreifen. Die Zahl der erreichbaren Gigabit-Anschlüsse werde von Anfang bis Ende dieses Jahres von 11,1 auf schätzungsweise 19 Millionen steigen, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Beratungsunternehmens Dialog Consult im Auftrag des Verbandes der Anbieters von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Damit ist es in fast jedem zweiten der circa 42 Millionen Haushalte in Deutschland möglich, Daten in einem Tempo von einem Gigabit pro Sekunde zu übertragen.

Allerdings nutzt nur etwa jeder vierte Haushalt die schnellen Leitungen, also 4,8 Millionen - beim Rest sind sie inaktiv. Zu Jahresbeginn waren es der Studie zufolge noch 3,3 Millionen.

Allerdings: Selbst wenn die Leitungen aktiviert wurden, heißt es nicht, dass sich die Kunden für einen Highspeed-Vertrag entscheiden und dementsprechend tiefer in die Tasche greifen. Tatsächlich surfen der Studie zufolge nur 1,2 Millionen Haushalte mit mehr als 0,25 Gigabit pro Sekunde im Download. Die Erklärung hierfür: Viele Kunden entscheiden sich auf den Gigabit-Leitungen für eine billigere Vertragsvariante, die nur ein Tempo von bis zu 0,25 Gigabit pro Sekunde vorsieht oder weniger. "Es gibt Leute, die haben zwar den Anschluss, aber die sagen, "das brauche ich nicht, ich brauche nur eine kleinere Bandbreite"", sagt Studien-Autor Torsten Gerpott.

Ist Gigabit-Speed also gar nicht gefragt beim Gros der Kunden? VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner schüttelt den Kopf. "Unser Ziel ist nicht, dass unsere Kunden schon morgen alle Gigabit buchen", sagt er. Entscheidend für Investoren sei vielmehr, dass das Netz genutzt werde - und das sei auch mit Verträgen über weniger Bandbreite der Fall. Angesichts des steigenden Datenbedarfs rechnet der Verband damit, dass die Nachfrage nach Gigabit-Verträgen in den kommenden Jahren deutlich anziehen wird.

Die Studie zeigt auch, dass Highspeed-Internet in vielen deutschen Haushalten noch keine Realität. Denn jeder dritte Anschluss kommt nur auf ein Download-Tempo von mehr als 16 bis maximal 50 Megabit (0,05 Gigabit) pro Sekunde - und jeder vierte Anschluss schafft es nur auf ein Schneckentempo von höchstens 16 Megabit pro Sekunde. Bemerkenswert ist auch, dass circa sieben Millionen deutsche Haushalte kein Festnetz-Internet haben.

Beim Gigabit-Ausbau geht es vor allem um Fernsehkabel, die Internet übertragen und die über die "Docsis 3.1"-Technik aufgerüstet wurden - sie machen grob gesagt drei Viertel der Gigabit-Leitungen aus. Hierbei ist das Düsseldorfer Unternehmen Vodafone und der inzwischen von ihm übernommene Regionalanbieter Unitymedia Treiber des Ausbaus. Ein weiterer, allerdings deutlich kleinerer Marktteilnehmer ist Tele Columbus.

Die Deutsche Telekom hat keine solchen Fernsehkabel - dieses Netz musste der ehemalige Staatsmonopolist Anfang des vergangenen Jahrzehnts auf Druck der EU-Kommission abgeben. Der Bonner Konzern setzt hingegen vor allem auf hochgerüstete Telefonkabel, die mit dem sogenannten Super-Vectoring nur auf bis zu 0,25 Gigabit pro Sekunde im Download kommen.

Sowohl Vodafone als auch die Telekom und andere Marktteilnehmer verlegen allerdings auch Glasfaser-Leitungen bis in den Keller oder sogar bis in die Wohnung. Mit diesen FTTH-Anschlüssen sind Übertragung mit mehreren Gigabit/s möglich. Diese "echten" Glasfaser-Anschlüssse - in Abgrenzung von solchen Leitungen nur bis zum Kabelverzweigerkasten auf dem Bürgersteig - steigen der Studie zufolge binnen eines Jahres von 3,7 auf 4,4 Millionen erreichbarer Anschlüsse, von denen 1,5 Millionen aktiviert wurden (nach 1,1 Millionen zum Jahresbeginn)./wdw/DP/fba