NEW YORK (awp international) - Die Telekom-Tochter T-Mobile US lotet offenbar erneut eine Fusion mit dem Rivalen Sprint aus - es wäre der dritte Versuch innerhalb von vier Jahren. Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" (WSJ) wurden Verhandlungen über einen Zusammenschluss wieder aufgenommen. Die Gespräche seien jedoch noch nicht weit fortgeschritten und es sei unklar, welche Bedingungen den Unternehmen vorschwebten, schrieb die Zeitung am Dienstag unter Berufung auf eingeweihte Kreise. T-Mobile und Sprint äusserten sich zu dem Bericht zunächst nicht.

An der Wall Street liess der Bericht die Sprint-Aktien am gestrigen Dienstag zum Handelsende um mehr als 17 Prozent steigen. Die Papiere von T-Mobile US legten um fast 6 Prozent zu. Die Titel des Mutterkonzerns Deutsche Telekom verteuerten sich am Mittwochmorgen kurz nach Handelsstart in Deutschland um fast vier Prozent.

Eigentlich hatten die Telekom und der japanische Technologiekonzern Softbank das Ringen um eine Fusion ihrer US-Mobilfunktöchter erst vor fünf Monaten offiziell eingestellt - dabei aber auch Hintertürchen für neue Gespräche offen gelassen. Beide Unternehmen konnten sich damals nicht über die Bedingungen einigen. Knackpunkt dürfte dabei gewesen sein, dass die Telekom bei einem neuformierten Herausforderer am Markt das Sagen haben wollte. Softbank-Gründer Masayoshi Son wollte aber Medienberichten zufolge die Kontrolle nicht hergeben.

Sprint und T-Mobile hatten bereits 2014 einen Fusionsversuch unternommen, der an Einwänden der US-Kartellbehörden gescheitert war. Damals hatte Sprint die Kontrollmehrheit und damit das Sagen bei der fusionierten Gesellschaft haben sollen. Seitdem haben sich die Kräfteverhältnisse jedoch stark verschoben. T-Mobile hat Sprint dank eines aggressiven Wachstumskurs jedoch längst überholt - nicht nur, was den Marktwert angeht, sondern auch in punkto Abonenntenzahlen und Marktanteil. Diese rasant und dabei profitabel wachsende T-Mobile ist inzwischen ein grosser Treiber bei der Telekom. Sprint hingegen verlor über die Jahre an Kunden und verbuchte hohe Verluste.

JPMorgan-Analyst Akhil Dattani sieht daher die Telekom bei neuerlichen Gesprächen klar im Vorteil, sollte sich der Bericht des "WSJ" bewahrheiten. Die T-Mobile-Aktie habe sich seit Anfang November - also dem Ende der Gespräche - um rund ein Drittel besser entwickelt als die Sprint-Papiere. Damit dürfte die Telekom in der Lage sein, bei einer möglichen Fusion das neue Unternehmen zu kontrollieren und auch weiter voll in der Bilanz zu konsolidieren. Da T-Mobile US zuletzt der Wachstumsmotor des deutschen Konzerns war, ist eine Kontrolle des fusionierten Unternehmens für die Telekom nach Einschätzung Dattanis elementar.

Auf Basis der Bewertung vor der Spekulation auf neue Verhandlungen dürfte die Telekom seinen Berechnungen zufolge rund 45 Prozent an dem fusionierten Unternehmen halten. Die Sprint-Mutter Softbank würde seinen Berechnungen auf rund 24 Prozent kommen. Die übrigen Anteile würde bei anderen Investoren und im Streubesitz landen.

Die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenschlusses beider US-Mobilfunker halte er weiterhin für relativ gering, meinte hingegen Analyst Matthew Niknam von der Deutschen Bank. Denn die kartellrechtlichen Hürden seien nach wie vor recht hoch. Ein fusioniertes Unternehmen würde laut "WSJ" auf nahezu 100 Millionen Kunden kommen und damit AT&T überholen, die Ende 2017 auf 93 Millionen Kunden kam. Marktführer bleibe Verizon mit 116 Millionen Kunden./nas/zb/hbr/mne/stk