Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Investitionen in deutsche Immobilien sind normalerweise langweilig, vorhersehbar und lukrativ. Aber wenn die Zeit für Fusionen und Übernahmen gekommen ist, kann auch in diesem Geschäft mit harten Bandagen gekämpft werden. Der im DAX notierte Wohnungsvermieter Vonovia steht kurz vor Übernahme seines Konkurrenten Deutsche Wohnen für rund 22 Milliarden US-Dollar. Damit schließen sich die beiden größten börsennotierten Immobiliengesellschaften Europas - gemessen an ihrem Marktwert - zusammen, um einen Branchenriesen zu schaffen. Dieser spielt von der Größe durchaus in einer Liga mit den größten US-Immobilienfonds.

Die Übernahme hat jedoch einige Aktionäre verärgert, darunter den in New York ansässigen Hedgefonds Davidson Kempner, der seit drei Jahren eine Beteiligung an der Deutsche Wohnen hält. Ein erstes Angebot war im Juli gescheitert, nachdem es die Zustimmungsschwelle von 50 Prozent nicht erreicht hatte. Der Bieter reagierte, indem er sein Angebot leicht erhöhte und später die Schwelle strich. Anders als in den USA oder in Großbritannien ist dies nach deutschen Regeln für freiwillige Übernahmen legal. Hier wird dem Bieter ein Ermessensspielraum bei der Festlegung der Schwelle eingeräumt.


   Warnsignal für die Anleger 

Der Vorstand der Deutsche Wohnen erklärte sich außerdem bereit, Vorzugsaktien ohne Vorkaufsrecht auszugeben und direkt an Vonovia zu verkaufen, falls das Unternehmen Hilfe benötigte, um das Geschäft über die Bühne zu bringen. Wie sich herausstellte, wird diese absichtliche Verwässerung der bestehenden Aktionärsanteile nicht notwendig sein. Zuletzt teilte Vonovia mit, dass es nun etwas mehr als 50 Prozent der Aktien der Deutsche Wohnen besitzt. Es war das erste Mal, dass eine solche Taktik bei einer deutschen Übernahme in Erwägung gezogen wurde, was für die Anleger ein Warnsignal bedeutet.

Es gab einen einfacheren Weg, die Aktionäre der Deutsche Wohnen zu umwerben, nämlich ihnen mehr Geld anzubieten. Vonovia scheint ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Die Aktie des Zielunternehmens war vor dem Angebot schwach, da die Aufhebung der Mietendeckel in Berlin offenbar nicht adäquat eingepreist war. Das Angebot von Vonovia impliziert einen Portfoliowert, der 4 Prozent unter dem Wert liegt, den die Immobilienanalysefirma Green Street für die Vermögenswerte der Deutschen Wohnen auf dem privaten Markt veranschlagt. Mehrere Aktionäre betonen, dass sie die Transaktion unterstützt hätten, wenn der Preis etwas höher gewesen wäre als das aktuelle Angebot von 53 Euro pro Aktie.


   Anleger haben in Deutschland immer wieder das Nachsehen 

Deutsche Wohnimmobilien waren in den vergangenen Jahren eine lukrative Spekulation. Im vergangenen halben Jahrzehnt haben sowohl Vonovia als auch Deutsche Wohnen eine jährliche Rendite von rund 14 Prozent erzielt, verglichen mit 9 Prozent für den DAX. Vonovia markiert nicht das einzige Beispiel für eine wackelige Unternehmensführung in diesem Sektor. Ende 2019 kaufte ein anderer deutscher Wohnungsvermieter, Adler Real Estate, eine 33-prozentige Beteiligung an seinem Konkurrenten Ado Properties und setzte neue Vorstandsmitglieder ein. Der umgestaltete Vorstand von Ado kündigte daraufhin Pläne an, den verschuldeten neuen Hauptaktionär zu übernehmen, was zu einem Streit mit den anderen Investoren von Ado führte. Ein früheres Angebot von Vonovia für die Deutsche Wohnen im Jahr 2015 endete ebenfalls mit einem Drama und dem Verdacht, dass die Unternehmen die Interessen der Aktionäre nicht gebührend berücksichtigten.

Selbst nach ihrer starken Entwicklung in den vergangenen Jahren bieten deutsche Wohnungsaktien die Aussicht auf etwas höhere Renditen als US-Aktien, was die Mietrenditen im Vergleich zu heimischen Staatsanleihen anbelangt. Der Nachteil für die Anleger könnte darin bestehen, dass sich die Anleger mit ihren Investments in Deutschland etwas weniger sicher fühlen.

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September 29, 2021 09:26 ET (13:26 GMT)