BERLIN (dpa-AFX) - Im angespannten Wohnungsmarkt in vielen deutschen Städten geht das Vorgehen vieler Vermieter nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi voll zu Lasten der Wohnungssuchenden. "Viele Vermieter nutzen die schlechte Verhandlungsposition der Wohnungssuchenden schamlos aus", sagte Verdi-Chef Frank Werneke der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Werneke sieht die Bundesregierung gefordert, hier im neuen Jahr Abhilfe zu schaffen.

Werneke sagte: "Reihenweise werden Bauprojekte storniert - sowohl von öffentlichen als auch von privaten Wohnungsbaugesellschaften." Private Vermieter versuchten zudem vermehrt, an die Inflation gekoppelte Mietverträge durchzusetzen. "Das ist ein echter Skandal, weil die Inflation durch die hohen Energiepreise getrieben wird und die noch zusätzlich auf die Miete aufgeschlagen werden."

Die dramatische Entwicklung in der Baubranche rühre vor allem von dem geänderten Zinsumfeld her, sagte Werneke. "Es ist absehbar, dass auch mit den 14,5 Milliarden Euro, die die Bundesregierung von 2022 bis 2026 für den sozialen Wohnungsneubau bereitstellt, die Ziele von mindestens 100 000 Sozialwohnungen jährlich und 400 000 Wohnungen insgesamt nicht erreichbar sind." Bauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte bereits eingeräumt, dass die von der Ampelkoalition versprochenen 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr zunächst nicht erreichbar seien.

Jedes Jahr fielen 70 000 Sozialwohnungen aus der Sozialbindung heraus, sagte Werneke weiter. "Denn wenn die Förderung einmal abgerechnet ist, gehen die Sozialwohnungen in den normalen Mietmarkt über." Der Verdi-Vorsitzende forderte, die staatlichen Mittel für den Neubau müssten so vollständig wie möglich auf den Neubau von Sozialwohnungen konzentriert werden.

"Wir brauchen zudem dringend eine Regelung zur Wohngemeinnützigkeit, um zu verhindern, dass die so geförderten Wohnungen jedes Jahr wieder aus der Preisbindung fallen", sagte Werneke. Eine solche Regelung hatte Geywitz angekündigt. Werneke erläuterte: "Wohngemeinnützigkeit bedeutet, dass die Vermieter dauerhaft gefördert werden, wenn sie Miethöhe und Erträge deckeln." Die Regierung müsse das jetzt voranbringen. "Das EU-Recht steht einer Wohngemeinnützigkeit im Übrigen nicht entgegen." Das habe die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung in einem Gutachten gerade erst nachgewiesen.

Werneke forderte weiter: "Zudem brauchen wir einen Mietpreisstopp für die Dauer von sechs Jahren für Wohnungen im Bestand und ein Kündigungsmoratorium, wie es während der Pandemie gegolten hat - mindestens für die Zeit der sehr hohen Inflation."/bw/DP/zb