FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach dem Kurseinbruch von Dialog Semiconductor infolge eines Berichts über den möglichen Verlust des Großkunden Apple schieden sich am Freitag bei den Analysten die Geister. Während sich das Bankhaus Lampe in seiner vorsichtigen Haltung zur Aktie bestätigt sah und weiter zum Verkauf riet, vertraute die Commerzbank den Aussagen eines Dialog-Sprechers, wonach die Geschäfte mit Apple normal verlaufen, und hielt an ihrer Kaufempfehlung fest.

Apple will laut der japanischen Wirtschaftszeitung "Nikkei" künftig Chips für das iPhone in Eigenregie herstellen. Das Blatt hatte sich dabei am Donnerstag auf namentlich nicht genannte Industriekreise berufen. Die Entwicklung der neuen Computerchips solle bereits Anfang 2018 starten. Damit wolle Apple die Abhängigkeit von Dialog verringern. Die Aktien von Dialog Semiconductor waren daraufhin am Vortag um letztlich rund 18 Prozent auf gut 30 Euro eingebrochen. Am Freitag erholten sie sich davon ein wenig.

Karsten Iltgen vom Bankhaus Lampe wertete den "Nikkei"-Bericht als "erste unabhängige Bestätigung" seiner These, dass Apple intern eine zweite Quelle für Komponenten für das iPhone schaffe. Diese Bauteile könnten 2019 erstmals in iPhones eingesetzt werden, möglicherweise aber sogar schon 2018. Die Pläne von Apple seien in der Branche ein "offenes Geheimnis" gewesen. Nicht nur Apple und Dialog, auch Zulieferer wie TSMC und Wettbeweber wie Cirrus Logic seien mit der Lage vertraut.

Thomas Becker von der Commerzbank vertraut dagegen den Aussagen des Managements von Dialog, wonach 2018 ein Jahr mit gutem Wachstum werden soll. "Das wäre nur schwer zu schaffen, sollten sie Apple als Kunden verlieren", schrieb der Analyst. Er wundere sich ohnehin, wie es Apple gelingen soll, Dialog mit ihren zehn Jahren Erfahrung in der Produktion von Chips für das Energie-Management zu ersetzen. Den rund 700 Entwicklern bei Dialog stünden lediglich rund 60 auf Seiten von Apple gegenüber - von denen allerdings rund die Hälfte füher bei Dialog tätig gewesen sei.

Lampe-Analyst Iltgen taxierte nach Gesprächen mit Zulieferern der Branche die Wahrscheinlichkeit, dass Apple bereits im kommenden Jahr eigene Bauteile in iPhones einsetzt, auf "unter 50 Prozent". Wahrscheinlicher sei aber das Jahr 2019. Dann könnten geschätzte 30 Prozent der entsprechenden Komponenten von Apple selber gefertigt werden. Das wiederum könne den Gewinn von Dialog jährlich um 10 Prozent schrumpfen lassen. Eine Entscheidung werde wohl im ersten Quartal 2018 fallen.

Commerzbank-Experte Becker verwies dagegen auf die Kosten. So machten die von Dialog gelieferten Komponenten lediglich 2,5 Prozent der gesamten Materialkosten der Apple-Geräte aus. Solange Dialog die technischen Spezifikationen erfülle, sei ihre Ablösung durch Apple selbst unwahrscheinlich. Das gelte auch für die im Jahr 2019 produzierten iPhones. Wie Iltgen rechnet auch Becker mit einer Entscheidung Anfang kommenden Jahres.

Ein großes Risiko für Dialog sieht Becker darin, dass Apple eine grundsätzlich neue technische Plattform für iPhones entwickelt, bei der Dialog Semiconductor nicht mehr mit im Boot ist. Das aber würde ihn überraschen, bestelle doch Apple für 2019 gegenwärtig mehr bei Dialog und nicht weniger.

Das Kursziel Beckers von 58 Euro räumt der Dialog-Aktie nach dem Kurseinbruch vom Vortag nun stolze 85 Prozent Aufwärtspotenzial ein. Entsprechend lautet die Einstufung "Buy". Das Kursziel von Lampe-Analyst Iltgen von 32 Euro haben die Aktien von Dialog mittlerweile unterschritten. "Wir sehen weiteres Abwärtspotenzial für unsere Schätzungen", schrieb der Experte, sollten sich die Hinweise auf die Pläne von Apple verdichten. Die Anlageempfehlung laute weiter "Sell"./bek/gl/oca