Dottikon Es : Dokumentation Turmfalken – Teil 1

Turmfalken März bis Juli 2020

Vom "Wannenweher" zum Turmfalken

Hand aufs Herz - Wissen Sie, was ein Wannenweher ist? Ein Kirchenfalk? Ein Rüttelfalke? Ein Mauer- oder Domfalk? Sie kennen sich nicht aus in der heimischen Vogelwelt? Machen Sie sich ausnahmsweise kein Gewissen und bevor Sie nun selbst in die Tasten greifen und bei Google nachfragen, hier die Auflösung: Alle genannten Namen bezeichnen in modernem Deutsch den Turmfalken. Der geschätzte Mäusejäger ist in Europa, Asien und Afrika verbreitet. Ein regelmässiger, mittlerweile häufiger Brutvogel und Durchzügler, bei uns aber eher spärlicher Wintergast.

Turmfalken sind monogam und ihrem Nistplatz sehr treu, revierfremde Turmfalken werden vertrieben. Sie bauen keine eigenen Nester und brüten gerne in Nischen oder Halbhöhlen in Bäumen, Felsen oder auch an Gebäu- den. Auch Nester anderer Arten (vor allem Krähenvögel) und Nisthilfen wer- den gerne genutzt. Typisch ist eine Brut pro Jahr mit einem Gelege von 4-6 Eiern. Während das Männchen Mäuse, Jungvögel, Eidechsen und Gross- insekten jagt, füttert das Weibchen die Küken. Die Jungvögel werden vier Wochen von den Elternvögeln versorgt, bis sie selbstständig und flügge sind. Das nachgewiesene Höchstalter eines Turmfalken beträgt aktuell 23 Jahre.

Seit den Sechzigerjahren wurde der Turmfalke in der Schweiz immer selte- ner. Dies war eine Folge der Ausräumung der Kulturlandschaft mit dem ­Verlust geeigneter Brutplätze. Durch Initiative und Monitoring der Vogel­ warte Sempach wurden nach der Jahrtausendwende von Privatpersonen fast 3'000 neue Nistkästen aufgehängt und betreut. Fast 20 Jahre später konnte zu Weihnachten 2019 verkündet werden, dass sich der Bestand auf fast 8'000 Brutpaare verdoppelt hatte - eine wahre Erfolgsgeschichte.

Als ich im November 1995 die Meisterstelle in einer Hochdruck-Produktions­ anlage bei DOTTIKON übernahm, ist mir auf dem Firmengelände an einem fast zehn Meter hohen Lagertank ein Nistkasten aufgefallen - mit einem ­rostigen Draht ganz oben am Geländer festgebunden. Ein ehemaliger Mit- arbeitender und Vogelfreund hatte diesen XXL-Meisenkasten montiert. In dieser Zeit hörte ich erstmals die typischen Rufe ti, ti, ti, ti und ki, ki, ki, ki der Turmfalken­. In den darauffolgenden Jahren sind regelmässig junge Turmfalken flügge geworden und mit der periodischen Kontrolle der Befesti­ gung habe ich die Verantwortung für den Nistkasten übernommen.

Im Jahr 2011 wurde der Lagertank zugunsten eines Feuerwehrübungs­ platzes zurückgebaut und ich musste für einen in der Zwischenzeit ange- fertigten, grösseren Nistkasten einen neuen Standort finden. Mit Ausser­ betriebnahme einer kontinuierlichen Destillationskolonne fanden wir einen vorzüglichen Platz auf dem obersten Metallträger in über 30 Meter Höhe an der offenen Stahlkonstruktion. Der neue Standort wurde von den Turm­ falken sofort angenommen. Ab und an stieg ich auf den Turm, um nach dem Rechten zu sehen. Mit dem Gedanken, eine Live-Kamera zu installieren, stellte ich nicht ganz uneigennützig im Januar 2018 mit Unterstützung des Stellvertretenden Leiters IT (auch ein Vogelfreund) einen Antrag an den CEO, dafür die Kosten zu tragen. Der Antrag beinhaltete auch die interne Freischaltung der Livekamera für alle Mitarbeitenden. Mit der Feststellung, dass ihm "solche Vögel" am Liebsten seien, wurde der Antrag durch den CEO genehmigt. Mit einem nochmals neuen Nistkasten mit Livekamera konnte fortan bei den Mitarbeitenden das Interesse und vielleicht das ­Verständnis für die Natur geweckt und verstärkt werden. Mit einem neuen Setup des Livestreams wünschen wir uns auch dieses Jahr schöne Bilder und hoffen auf eine erfolgreiche Brut der Turmfalken bei DOTTIKON.

Fredy Rüttimann

Leiter Ausbildung Produktion und Vogelfreund

06.03.2020

07.03.2020