BIETIGHEIM-BISSINGEN (dpa-AFX) - Der Anlagen- und Maschinenbauer Dürr macht schwierige Zeiten durch. Die Folgen der Coronavirus-Pandemie belasteten den MDax-Konzern bereits im ersten Quartal erheblich. Und im laufenden zweiten Quartal scheint keine Besserung in Sicht - im Gegenteil. Die Aktie steht unter Druck, versucht aber auch eine Stabilisierung. So ist Unternehmenschef Ralf Dieter überzeugt davon, dass die Baden-Württemberger die Krise meistern werden. Und auch Analysten sind optimistisch. Was bei Dürr los ist, wie Analysten die weiteren Aussichten einschätzen und wie sich die Anteilsscheine entwickelt haben.

DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Nachdem schon das erste Jahresviertel deutlich negative Spuren hinterließ, stellt sich Dürr auf ein noch trüberes zweites Quartal ein. Der Konzern rechnet nicht nur mit deutlichen Rückgängen bei Auftragseingang und Umsatz, sondern hält sogar einen Verlust für möglich. Die Krise dürfte nach Einschätzung von Konzernlenker Dieter ihren Höhepunkt erreichen.

Auch wenn die Lage kompliziert ist, gibt sich der Manager verhalten optimistisch. Er setzt auf eine langsame Erholung in der zweiten Jahreshälfte und zieht Zuversicht daraus, dass die Standorte in China nach dem Lockdown ihre Produktion frühzeitig wieder aufgenommen und das Vor-Corona-Niveau erreicht hätten. Auch in anderen Ländern kehrten die Standorte zu den gewohnten Geschäftsprozessen zurück, hieß es.

Ungeachtet dessen litt bereits im ersten Quartal das für Dürr besonders wichtige Autogeschäft stark unter der Krise. Dürr baut unter anderem Lackieranlagen und Endmontagesysteme für die Autoindustrie sowie Maschinen und Anlagen für die Holzbearbeitung unter der Marke Homag. Das Geschäft mit Maschinen für die holzbearbeitende Industrie wiederum bereitete Dürr schon im Vorjahr Probleme und läuft auch jetzt in Krisenzeiten nicht rund.

Nachdem der Konzern seine Prognose schon 2019 aus verschiedenen Gründen mehrfach senken musste, zog Dürr wegen der hohen Unsicherheiten durch die Pandemie Ende März auch seinen Ausblick für das laufende Jahr zurück. Seitdem haben sich die Rahmenbedingungen für das Geschäft des Maschinen- und Anlagenbauers weiter verschlechtert.

In Anbetracht der Krise hat Dürr ein ganzes Bündel an Sparmaßnahmen geschnürt. So wurden etwa Investitionen und Ausgaben zurückgefahren und Arbeitszeiten verkürzt. Konzernchef Dieter sieht Dürr finanziell gut gerüstet und verwies kürzlich auf freie Mittel auf Rekordniveau in Höhe von 1,7 Milliarden Euro, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Seit Bekanntwerden der Quartalszahlen haben sich fünf Experten näher mit dem Maschinen- und Anlagenbauer aus Bietigheim-Bissingen bei Stuttgart beschäftigt. Die Mehrheit attestiert Dürr trotz der derzeit schwierigen Phase noch einiges an Aufwärtspotenzial - auch wenn insgesamt eine gewisse Skepsis zu spüren ist. Drei der im dpa-AFX-Analyser erfassten Stimmen sprechen eine Kaufempfehlung aus, zweimal lautet der Rat, die Titel zu halten und die weitere Entwicklung des Konzerns zu beobachten.

Mit einem Kursziel von 27,50 Euro hat die Schweizer Großbank UBS den höchsten Wert auf dem Zettel. Aus Sicht von Analyst Sven Weier ist das erste Quartal von Dürr zwar okay gewesen, allerdings sei der Ausblick besorgniserregend.

William Turner von der US-Investmentbank Goldman Sachs gibt derweil zu bedenken, dass das operative Ergebnis (Ebit) im ersten Quartal die Konsensschätzung verfehlt habe. Und nun stehe dem Maschinen- und Anlagenbauer zusätzlich ein herausforderndes zweites Quartal ins Haus. Positiv hob Turner dagegen hervor, dass der freie Barmittelfluss sich im Auftaktquartal verglichen mit dem Vorjahr deutlich verbessert habe.

Während Hans-Joachim Heimbürger vom Analysehaus Kepler Cheuvreux die Finanzlage des Konzerns für grundsolide erachtet, hält Christian Cohrs vom Analysehaus Warburg Research den Kursrutsch bei den Dürr-Papieren für übertrieben. Er sieht jetzt wieder reichlich Luft nach oben. Die verhaltenen kurzfristigen Aussichten seien bereits mehr als eingepreist, so Cohrs.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Für Anleger ist die Entwicklung der Dürr-Aktie wenig rosig. Im laufenden Jahr haben die Titel im Zuge des Corona-Crashes und der Marktturbulenzen bereits rund ein Drittel an Wert eingebüßt. Mit einem Minus von über der Hälfte sieht es in den zurückliegenden 3 Jahren noch deutlich schlechter aus.

Anfang Januar kostete ein Anteilsschein zwischenzeitlich noch rund 33 Euro, ehe ab der zweiten Februarhälfte wegen der Virus-Krise ein heftiger Kurssturz einsetzte. Anfang März kostete die Aktie nur noch weniger als 16 Euro und hatte ihren Wert damit binnen weniger Wochen etwa halbiert. Zwar setzte danach wieder eine kleine Erholung ein und es ging bis Mitte April auf rund 22 Euro nach oben. Doch nach der Veröffentlichung der Quartalszahlen Mitte Mai sackten die Papiere erneut fast auf ihr tiefstes Krisenniveau ab. Seitdem ist aber wieder ein deutlicher Aufwärtstrend auf zuletzt rund 20,50 Euro zu erkennen.

Von der Marke von rund 60,275 Euro, auf die die Aktie Anfang November 2017 geklettert war, sind die Titel derzeit meilenweit entfernt. Allerdings beträgt der Abstand zum Tief von rund 1,8 Euro in der Finanzkrise 2009 ebenfalls ein gutes Stück.

An der Börse kommt die Dürr-Aktie aktuell auf eine Marktkapitalisierung von rund 1,4 Milliarden Euro, was einen der letzten Plätze im MDax bedeutet./eas/men/mis