BIETIGHEIM-BISSINGEN (dpa-AFX) - Beim Anlagen- und Maschinenbauer Dürr steht zum Jahreswechsel ein Chefwechsel an. Der 60-jährige Ralf Dieter stellt sein Amt für seinen amtierenden Stellvertreter zur Verfügung und scheidet zum 31. Dezember aus dem Vorstand aus. "Der Aufsichtsrat hat deshalb heute auf Empfehlung des Personalausschusses einem Aufhebungsvertrag mit Herrn Dieter zugestimmt", teilte das im MDax notierte Unternehmen am Mittwoch in Bietigheim-Bissingen mit. Er ist seit Anfang 2006 Vorstandsvorsitzender des Unternehmens mit derzeit etwas mehr als 17 000 Mitarbeitern. Sein Nachfolger soll ab Januar der 55-jährige Jochen Weyrauch werden.

Weyrauch ist bereits seit 2017 im Vorstand von Dürr. Der neue Dienstvertrag des kommenden Vorstandschefs habe eine Laufzeit bis Ende 2026. Das Unternehmen nutzt den Wechsel an der Spitze zudem dazu, den Vorstand weiter zu verkleinern. Die operative Spitze des Konzerns werde nach dem Austritt des aktuellen Konzernlenkers bis auf Weiteres aus zwei Mitgliedern bestehen. Das Unternehmen hatte den Vorstand erst letztes Jahr im Herbst von vier auf drei Mitglieder reduziert. Neben dem künftigen Vorstandschef werde Dietmar Heinrich (57) weiterhin als Finanzvorstand fungieren. Am Aktienmarkt spielte die Nachricht zunächst keine große Rolle - der Kurs gab etwas nach.

In den jetzt fast 16 Jahren nach Dieters Amtsantritt legte der Kurs der Aktie dagegen um rund 660 Prozent zu und damit deutlich mehr als der MDax. Der Börsenwert des Unternehmens liegt derzeit bei knapp 2,7 Milliarden Euro. Etwas mehr als ein Viertel der Anteile gehören dem Unternehmer und Manager Heinz Dürr, der in den neunziger Jahren unter anderem Bahnchef war. Er ist Enkel des Firmengründers Paul Dürr, der das Unternehmen 1896 gegründet hatte. Heinz Dürr war zwischen 1957 und Ende der 80er-Jahre maßgeblich für die Expansion verantwortlich und brachte das Unternehmen 1990 an die Börse.

Zuletzt profitierte Dürr ausgerechnet von einer Übernahme, die das Unternehmen lange Zeit belastet hatte - nämlich von dem 2014 übernommenen Unternehmen Homag, einem Hersteller von Holzverarbeitungsmaschinen. Dank der hohen Holznachfrage liefen die Homag-Geschäfte zuletzt sehr gut. Zudem spielte dem Konzern die Erholung der Autobranche in die Karten, da Dürr auf den Bau von Lackieranlagen spezialisiert ist. Im Sommer erhöhte Dürr nach einem starken zweiten Quartal die Prognosen für dieses Jahr. Beim Umsatz rechnet der Konzern jetzt mit einem Wert zwischen 3,6 Milliarden und 3,8 (2020: 3,3) Milliarden Euro - bisher hatte die Prognose bei 3,45 bis 3,65 Milliarden Euro gelegen.

Die Marge gemessen am operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll bei 5,0 bis 6,0 (bisher 4,2 bis 5,2) Prozent liegen. Beim Erreichen der jeweils mittleren Werte der Spannen ergibt dies ein operatives Ergebnis von rund 200 Millionen Euro und damit schon wieder das Niveau von 2019. Im vergangenen Jahr war das operative Ergebnis wegen der Corona-Krise deutlich eingebrochen - vor Sondereffekten waren es gerade mal noch knapp 100 Millionen Euro. Bis zu den Höhen des Jahres 2017, als Dürr operativ fast 300 Millionen Euro verdiente, ist es allerdings noch etwas hin.

Dürr hatte bereits vor Corona mit einer Reihe von operativen Problemen zu kämpfen und befand sich deshalb schon vor Ausbruch der Pandemie im Umbruch. Doch 2022 soll das abgehakt sein. Dann sollen Umsatz und operative Marge über dem 2019er-Niveau von 3,9 Milliarden Euro beziehungsweise 6,7 Prozent liegen. Das mittelfristige Ziel einer Ebit-Marge von mindestens acht Prozent soll 2023 oder spätestens 2024 erreicht werden./zb/lew/he