Düsseldorf (Reuters) - Der Energiekonzern E.ON will aus der Corona-Krise Kapital schlagen und die milliardenschweren Fördertöpfe der EU und der Bundesregierung anzapfen.

"Von den insgesamt 750 Milliarden Euro, die die EU an Fördermitteln bereitstellen wird, sind rund 60 Milliarden für klimabezogene Ausgaben in den relevanten E.ON-Märkten vorgesehen", erklärte Finanzchef Marc Spieker am Mittwoch bei der Vorlage der Quartalszahlen. Die meisten dieser Aktivitäten passten perfekt zu den eigenen Investitionsplänen. Für E.ON ergäben sich dadurch zusätzliche Möglichkeiten etwa in den Bereichen Netze und Infrastruktur. Die Experten im eigenen Haus hätten bereits rund 200 Projekte im Volumen von mehreren Milliarden Euro im Blick.

"Das Geschäft mit Energienetzen und Kundenlösungen zeigt in der Covid-19-Pandemie seine Stärke", betonte der Konzern. Die bisherigen Einbußen durch die Coronakrise könnten voraussichtlich in den kommenden Jahren weitgehend wettgemacht werden. Nachdem E.ON bereits im August die Prognose für das laufende Jahr gesenkt hatte, hält das Management die Gefahr weiterer Einbußen in diesem Jahr für überschaubar. "Wir gehen davon aus, dass wir trotz der sich erneut verschärfenden Pandemiesituation in unseren Märkten alle unsere Ergebnisziele erreichen werden", sagte Spieker. "Die aktuellen selektiven Lockdown-Maßnahmen in unseren Heimatmärkten werden aus heutiger Sicht keinen maßgeblichen Einfluss auf unsere Ganzjahresergebnisse haben."

MIT INNOGY-GESCHÄFTEN AUF WACHSTUMSKURS

Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) schrumpfte in den ersten neun Monaten um rund 300 Millionen Euro auf 2,7 Milliarden Euro. Der bereinigte Überschuss sank auf 1,1 Milliarden Euro nach zuvor 1,3 Milliarden. E.ON geht für das Geschäftsjahr 2020 von einem bereinigten Ebit in der Bandbreite von 3,6 bis 3,8 Milliarden Euro und einem bereinigten Konzernüberschuss von 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro aus. Auch die Mittelfristziele und die Dividendenpolitik hält E.ON aufrecht.

Das Netzgeschäft fuhr in den ersten neun Monaten einen operativen Gewinn von 2,3 Milliarden Euro ein - neun Prozent weniger als nach dem Pro-Forma-Ergebnis im Vorjahreszeitraum. Das Geschäft mit Kundenlösungen schloss mit 378 Millionen Euro zehn Prozent unter Vorjahr ab. "Hier konnten deutliche operative Verbesserungen, vor allem in Großbritannien, die Effekte des wärmsten Jahresbeginns seit Beginn der Wetteraufzeichnung und der Pandemie nicht vollständig kompensieren", hieß es.

Einen weiteren Schub verspricht sich E.ON aus der nun abgeschlossenen Übernahme des früheren Konkurrenten Innogy. Es bleibe bei den erwarteten Synergieeffekten von 740 Millionen Euro ab 2022 und 780 Millionen Euro ab 2024. 20 Prozent davon würden bereits Ende diese Jahres erzielt. E.ON hatte mit RWE die RWE-Tochter Innogy zerschlagen. E.ON übernahm das Vertriebs- und Netzgeschäft von Innogy. Der RWE-Konzern, der am Donnerstag seine Quartalszahlen vorlegt, bekam das Ökostromgeschäft seiner Tochter und das von E.ON. In Bezug auf die noch offenen Klagen anderer Versorger wegen angeblicher Wettbewerbsnachteile durch den Deal gibt sich E.ON gelassen. Spieker bezeichnete das Vorgehen als "viel Getöse um nichts." Die EU habe den Deal unter Auflagen genehmigt und diese habe E.ON erfüllt.

Weitere Zukäufe seien grundsätzlich möglich, erklärte Spieker. Voraussetzung sei aber, dass sich dadurch Synergien und Werte schaffen ließen. "In der Energiewirtschaft hat sich gezeigt, dass Marktsynergien grenzüberschreitend überschaubar sind." Daher sei eine gewisse geografische Nähe wichtig.