ESSEN (dpa-AFX) - Der größte deutsche Stromversorger Eon steckt mitten im Umbau. Und weil der Konzern vor diesem Hintergrund derzeit Zahlen vorlegt, die weder die alte noch die neue Eon zu hundert Prozent abbilden, ergeben sich daraus Besonderheiten.

DIE LAGE IM UNTERNEHMEN

Es ist ein wenig wie Äpfel mit Birnen vergleichen, allerdings ist das der Situation geschuldet. Eon legt an diesem Freitag Zahlen vor, die nun nach dem Deal mit RWE bereits Innogy mit abbilden. Die Vergleichszahlen aus dem Vorjahr basieren aber noch auf Eon 'stand alone'. Mehr war in der Kürze der Zeit nicht möglich. Die EU hatte den Deal erst Mitte September genehmigt. Es sei bereits eine "große Leistung", dass das Rechnungswesen jetzt überhaupt schon ein transparentes Zahlenwerk vorlegen könne, hieß es am Dienstag von Unternehmensseite. Pro-Forma-Zahlen gibt es keine. Dennoch sei eine Tendenz erkennbar, erklärt Eon vorab: Schließlich seien es nur 13 Tage im dritten Quartal, für die Innogy dazu gerechnet würde.

Eine aktualisierte Konzernstrategie und eine neue Prognose will Eon dann im März vorlegen. Bis dahin dauert es wahrscheinlich auch, bis die gesamte Transaktion im Zuge des Deals zwischen Eon und RWE abgeschlossen sein wird. Mit dem Deal hatten Eon und RWE vereinbart, die frühere RWE-Tochter Innogy untereinander aufzuteilen. RWE sollte die erneuerbaren Energien sowohl von Innogy als auch von Eon bekommen. Eon behält die Sparten Netze und Vertrieb.

Somit haben die ehemaligen Konkurrenten die Geschäftsfelder untereinander klar aufgeteilt und kommen sich nicht mehr in die Quere. Allerdings hatte die EU den Deal nur unter Auflagen genehmigt. Unter anderem musste der nun größte Stromversorger Eon die Verträge mit den meisten seiner Heizstromkunden abgeben. "Und ich werde mit verkauft", sagte Eon-Chef Johannes Teyssen im Oktober im "Manager Magazin". Denn auch der Konzernchef bezog bisher den Strom für die Wärmepumpe, mit der er sein Haus beheizt, von Eon. Auch ihm wurde im Zuge der Transaktion damit der Vertrag gekündigt.

Es wird in den kommenden Monaten im Zuge des Konzernumbaus sicher noch mehr Veränderungen geben. Es ist noch nicht entschieden, ob die Marke Innogy weiter bestehen bleibt. Außerdem wird interessant, was mit der verlustbringenden Innogy-Vertriebstochter NPower in Großbritannien passieren soll. Der Konzern habe bereits vor Monaten angekündigt, dass man auf Dauer kein Geschäft in der Gruppe wolle, das nicht profitabel sei, bestätigte Eon erneut.

Das ist auch der Punkt, der Analysten derzeit am meisten Sorgen macht: das britische Vertriebsgeschäft. Dort lief es im ersten Halbjahr für Eon bereits schwierig. Insgesamt 400 000 Kunden hatte der Konzern dort in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres verloren. Der Markt auf der Insel sei stark reguliert, erklärte Finanzchef Marc Spieker im August. Die im vergangenen Jahr eingeführten Preisobergrenzen führten zu deutlichen Einbußen. Spieker hatte zum Halbjahr allerdings auch betont, dass er für das Gesamtjahr schwarze Zahlen erwarte.

Mit Blick auf den Konzernumbau ist seit Kurzem auch klar, in welchem Maße der bei Eon geplante Stellenabbau die Standorte Essen und Dortmund betreffen wird. In beiden Fällen könnten jeweils bis zu 800 Stellen wegfallen, hieß es Ende vergangener Woche. Als Zentrale soll Essen allerdings mit dann rund 5000 Mitarbeitern erhalten bleiben. Bei der neuen Eon sollen nach der Integration von Innogy insgesamt bis zu 5000 Stellen wegfallen. Dies soll sozialverträglich erfolgen, wie Eon mit den Gewerkschaften vereinbart hatte. Eon und Innogy hatten zuletzt jeweils rund 43 000 Mitarbeiter.

DAS ERWARTEN DIE ANALYSTEN

Goldman-Sachs-Analyst Alberto Gandolfi erwartet aufgrund der Innogy-Übernahme einen Nettoschuldenstand, der auf 40 Milliarden Euro ansteigen könnte und die Märkte damit negativ überraschen könnte. Diese würden zum Teil durch die Entkonsoliderung der Schulden aus den Erneuerbaren Energien im kommenden Jahr wieder ausgeglichen. Ein Analyst hofft auch, dass Eon seine Pläne für NPower vorlegt. Das habe das Unternehmen im Oktober für dieses Jahr noch angekündigt.

SO LIEF DIE AKTIE ZULETZT

Seit der Ankündigung des Innogy-Deals mit RWE im März vergangenen Jahres hat sich die Eon-Aktie nur geringfügig um knapp zweieinhalb Prozent verteuert. Das Papier des damaligen Konkurrenten verbuchte dagegen einen deutlich höheren Kursgewinn von fast 40 Prozent. Immerhin schaffte das Eon-Papier im Frühjahr erstmals seit Ende 2017 wieder die Marke von zehn Euro. Seit Ende Juni ist es aber auch damit wieder vorbei. Das durchschnittliche Kursziel der im dpa-AFX-Analyser zusammengefassten Experten beträgt derzeit 9,61 Euro. Zuletzt lag der Kurs knapp über 9 Euro./knd/kro/jha/