ESSEN (dpa-AFX) - Der Energiekonzern Eon zeigt sich wegen der Kompensationszahlungen im Zusammenhang mit dem Atomausstieg für das laufende Jahr optimistischer. Kaum Auswirkungen auf die Prognose hat dagegen die verheerende Flutkatastrophe in Deutschland, die auch die Energieinfrastruktur in mehreren Orten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schwer beschädigt hat.

Die Aktie gab zu Handelsbeginn zunächst nach, konnte das Minus aber fast komplett aufholen und notiert am Vormittag nahezu unverändert. Das operative Halbjahresergebnis des Versorgers liege knapp über der mittleren Marktschätzung, schrieb Jefferies-Analyst Ahmed Farman in einer ersten Reaktion. Der angehobene Ausblick sei angesichts der Kompensationszahlung für den deutschen Atomausstieg indes erwartet worden.

Das Wasser habe die Energieinfrastruktur in vielen Orten beschädigt, teilweise sogar zerstört, erläuterte Vorstandschef Leonard Birnbaum am Mittwoch bei der Vorstellung der Zahlen. Eon rechne hier weiterhin mit einem Schaden im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Dafür hat das Unternehmen bereits Rückstellungen gebildet. Der überwiegende Teil der zeitweise von der Stromversorgung abgeschnittenen Kunden sei zumindest notdürftig wieder an das Netz angeschlossen. Bis alle Schäden vollständig behoben seien, könnte es jedoch Jahre dauern, schätzt er insbesondere mit Blick auf das zerstörte Ahrtal. Die Flutkatastrophe im Juli hatte vor allem Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stark getroffen, die Schäden gehen Schätzungen zufolge insgesamt in die Milliarden.

Die Flutkatastrophe habe gezeigt, welche Bedeutung eine zuverlässige und widerstandsfähige Energieinfrastruktur habe, so Birnbaum. "Besonders das Verteilnetz, das wir betreiben, ist für das alltägliche Leben der Menschen von herausragender Bedeutung." Im Zuge dessen forderte der Konzernchef Erleichterungen bei Investitionen - auch mit Blick auf den Klimawandel. So müssen in Deutschland Genehmigungsverfahren seiner Ansicht nach deutlich beschleunigt und vereinfacht werden. Zudem forderte Birnbaum wettbewerbsfähige Konditionen für Investitionen in die Energieinfrastruktur.

"Die erfolgreiche Energiewende wird nicht nur massiv höhere Investitionen erfordern. Sie wird auch ein erhebliches Innovations- und Digitalisierungstempo erfordern", ist sich Birnbaum sicher. Er kritisierte dabei, dass Deutschland vor allem beim Thema Digitalisierung kaum voran komme. Zudem monierte er die gerade in der Diskussion stehende Eigenkapitalrendite von 4,6 Prozent für Verteilnetze und hält diese für "unzureichend". Dies wäre ein "völlig falsches Signal für den Energie-Investitionsstandort Deutschland".

Die Investitionsbedingungen für potenzielle Geldgeber seien bereits jetzt im europäischen Ausland deutlich attraktiver als in Deutschland, etwa in Norwegen, Österreich, Spanien oder Großbritannien. "Wer glaubt, die Welt oder die Kapitalmärkte würden bei der Energiewende auf Deutschland warten, ist gewaltig im Irrtum", sagte er. Es brauche gerade im europäischen Vergleich eine wettbewerbsfähige Verzinsung, "wenn wir weiterhin in die Energiewende investieren und das Innovationstempo dabei noch einmal steigern wollen".

Für das laufende Geschäft vermeldete Eon hingegen Positives. Im ersten Halbjahr profitierte der Versorger von einem kühlen Wetter und einem daraus folgenden höheren Gasabsatz. Zudem verbesserte sich das Vertriebsgeschäft deutlich, vor allem durch Kosteneinsparungen im problematischen britischen Geschäft, dass sich derzeit im Umbau befindet. Der Umsatz erhöhte sich um 8 Prozent auf 33 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) stieg um 45 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Das bereinigte Nettoergebnis lag mit 1,8 Milliarden Euro 86 Prozent über dem Vorjahreswert.

Für 2021 rechnet das Management nun mit einem bereinigten operativen Ergebnis von 4,4 bis 4,6 Milliarden Euro, nach zunächst erwarteten 3,8 bis 4,0 Milliarden Euro. Das bereinigte Nettoergebnis soll bei 2,2 bis 2,4 Milliarden Euro liegen. Zuletzt hatte Eon 1,7 bis 1,9 Milliarden Euro avisiert. Den positiven Ergebniseffekt aus der Rückzahlung von Aufwendungen für den Erwerb von nuklearen Reststrommenge bezifferte Finanzvorstand Marc Spieker für das Jahr auf 600 Millionen Euro. 500 Millionen davon wurden bereits im zweiten Quartal verbucht./nas/mne/mis