ESSEN (dpa-AFX) - In den vergangenen Quartalen war das Großbritannien-Geschäft eher eine Last für den Energiekonzern RWE. Jetzt gibt es Anlass zur Freude: Denn nach der EU-Entscheidung zur Rechtmäßigkeit des Kapazitätsmarktes auf der Insel erwartet RWE nun Nachzahlungen, wie der Dax-Konzern am Donnerstag in Essen mitteilte. Deshalb wird das Management optimistischer und rechnet mit einem höheren Gewinn für das laufende Geschäftsjahr. Außerdem gibt das Handelsgeschäft dem Energiekonzern weiterhin Rückenwind. Die Aktie lag vorbörslich deutlich im Plus.

Aufgrund der guten Entwicklungen erwartet der Vorstand nun für das laufende Geschäftsjahr ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) auf der Basis "RWE Stand Alone" von 1,8 bis 2,1 Milliarden Euro. Bisher hatte RWE 1,4 bis 1,7 Milliarden Euro auf dem Zettel. Das bereinigte Nettoergebnis sieht das Management jetzt bei 0,9 bis 1,2 Milliarden Euro anstatt 0,5 bis 0,8 Milliarden Euro.

Am Dividendenziel für 2019 von 80 Cent pro Aktie hält das Management fest. "Sowohl der bisherige Geschäftsverlauf als auch die aus unserer neuen Strategie resultierenden Perspektiven geben uns großen Anlass zur Zuversicht", erklärte RWE-Finanzchef Markus Krebber.

Verantwortlich für den guten Lauf in den ersten neun Monaten ist vorrangig der Energiehandel. Das Ergebnis in diesem Segment hat sich mehr als verdoppelt. Schlechter lief es dagegen in den anderen Sparten. In der Europäischen Stromerzeugung fehlten bisher die Zahlungen vom britischen Kapazitätsmarkt. Dabei erhalten Stromproduzenten eigentlich Ausgleichszahlungen dafür, dass sie Kapazitäten für Engpässe bereit halten. Diese Regelung hatte die EU wegen rechtlicher Zweifel im November vergangenen Jahres auf Eis gelegt. Erst im Oktober machte die EU ihre Entscheidung rückgängig. Deshalb erwartet RWE nun Nachzahlungen für 2018 und 2019 von etwa 230 Millionen Euro. Den Betrag erwartet RWE zwar erst Anfang 2020, es werde aber schon 2019 ergebniswirksam.

Die andere Baustelle, die weiter besteht, ist der Hambacher Forst. Der Rodungsstopp hatte in den vergangenen Monaten dazu geführt, dass die Stromproduktion zurückging, weil die Braunkohlekraftwerke weniger ausgelastet waren. Dank gestiegener Großhandelspreise lag das Ergebnis im Segment Braunkohle & Kernenergie allerdings auf Vorjahresniveau.

Insgesamt stieg das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) "Stand Alone" in den ersten neun Monaten von 1,3 im Vorjahr auf 1,5 Milliarden Euro. Das Nettoergebnis verbesserte sich innerhalb eines Jahres von 645 Millionen auf 854 Millionen Euro.

Weil sich RWE derzeit nach dem Deal mit Eon und der Zerschlagung der Tochter Innogy neu aufstellt, legt RWE zunächst weiterhin Zahlen für "Stand Alone" vor. Diese Basis hatte der Vorstand mit Blick auf die Neustrukturierung eingeführt. In den Zahlen ist Innogy nicht mehr berücksichtigt abgesehen von der Dividende. Die Kennzahlen für Stand-Alone enthalten die Segmente Braunkohle und Kernenergie, die europäische Stromerzeugung sowie den Energiehandel.

Durch den Deal mit Eon wird RWE zwar zum Ökostromproduzent und übernimmt sowohl von Eon als auch Innogy die Erneuerbaren Energien. Diese sind allerdings in der Rechnung "Stand Alone" noch nicht enthalten, obwohl zumindest die Sparte von Eon bereits an RWE übertragen wurde. Den Deal hatte die EU im September genehmigt. Nach der Transaktion verfügt RWE über eine Eigenkapitalquote von rund 27 Prozent. Vor Bekanntgabe des Deals 2017 lag diese bei 17 Prozent. Die Nettoverschuldung hat sich durch das Tauschgeschäft zunächst auf etwa 10 Milliarden Euro halbiert./knd/nas/jha/